Die Rache des Stadtpatrons

TRIER. Nichts ist sicher, am allerwenigsten das Wetter. Das mussten Veranstalter, Gäste und Musiker beim Start der Jazzkonzert-Reihe im Brunnenhof erfahren.

Kein Konzert vom Jazzclub "Eurocore" kommt ohne prominente Unterstützung aus. Zum Start der sommerlichen Veranstaltungsreihe im Brunnenhof erwähnte Clubchef Thomas Schmitt artig OB Schröer und Landtagspräsident Grimm, vergaß aber den dritten Schirmherrn. Und Petrus rächte sich gewaltig. Tagsüber hatte sich die Sonne meist hinter Wolken versteckt. Gegen Abend klarte es auf, und als sich die Bigband des Metzer Konservatoriums aufs Podium im Brunnenhof stellte, leuchtet der Himmel tatsächlich im Abendblau. Die Stimmung stieg und die Lautstärke auch. Mal ehrlich: Am Anfang klang die Formation eher wie eine beschwingte Blaskapelle - ein bisschen schwerfällig, ein bisschen massiv, ein bisschen ungenau. Da musste erst die Befangenheit verschwinden. Die Bigband besteht überwiegend aus Studenten, und ihr Leiter, der Trompeter Claude Mirandola, muss sie Jahr für Jahr neu formieren. Darum dauerte es ein wenig, dann war sie auf der Höhe - prächtige Trompeten-, Saxofon- und Posaunen-Soli, prima Gesangseinlagen (Marie-Laure Schwartz, Christophe Corbier) und am Schluss Jeanette Courta, eine Sängerin mit Entertainer-Qualitäten. Das war der erste Streich. Bevor das geduldig ausharrende, freilich vom Rehhagel-Effekt dezimierte Publikum das Shake-Orchestra unter Florent Briqué und Pierre-Alain Goualch genießen konnte, schlug der Trierer Stadtpatron zu. Eine Windböe fegte Gläser vom Tisch und der Himmel öffnete die Schleusen bis zum Anschlag. Die Bedienungen rannten, zahlreiche Gäste flüchteten, und mitten hinein brachten die Lothringer Profimusiker ihren Soundcheck zu Ende. Eine Abschiedssinfonie der zweiten Art. Was tun? Ein paar Minuten standen sie beratend an den Mikro-fonen und entschieden dann: Wenn wir schon hier sind, spielen wir auch. Und so erlebten gut zwei Dutzend begeisterte Zuhörer bei miserablem Wetter feinste Jazzkultur - rhythmisch differenziert, mit einfallsreichen, virtuosen Soli und zahlreichen Klang-Schattierungen. Die beiden Schlagzeuger stellten zeitweise die lautstarken Geräte beiseite und hockten sich vor östliche Perkussionsinstrumente, und drei Flöten setzten dem Sound sanfte Glanzlichter auf. Ein Genuss! Insider wissen es schon lange: Das Shake-Orchestra ist für alle Jazzfreunde eine dringende Empfehlung. Die nächsten Konzerte am 8., 15., 22. und 29. Juli sowie am 5., 12. und 26. August im Brunnenhof, jeweils 19.30 Uhr.

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