Die längste Epoche der Menschheitsgeschichte

Im Laufe der Steinzeit verdrängt der moderne Mensch den Neandertaler. Aus herumstreifenden Großwildjägern werden sesshafte Bauern.

 Erste Kunst: Gravuren zeigen tanzende Frauen. Eine trägt ein Kind auf dem Rücken. Foto: GDKE

Erste Kunst: Gravuren zeigen tanzende Frauen. Eine trägt ein Kind auf dem Rücken. Foto: GDKE

Foto: (g_kultur

Die Steinzeit, die ihren Namen den typischen Steinwerkzeugen der Urmenschen verdankt, ist die längste Epoche der Menschheitsgeschichte. Sie beginnt vor 800 000 Jahren und endet 1800 vor Christus mit dem Aufkommen des Werkstoffs Bronze. Eine Zeit, geprägt von den extremen Klimaveränderungen der Eis- und Warmzeiten, in der sich das menschliche Leben grundlegend veränderte:

Altsteinzeit
Der Neandertaler war nicht der erste Mensch an Rhein und Mosel. Älteste Zeugnisse menschlicher Besiedlung sind bereits 800 000 Jahre alt: Sie stammen vom Homo heidelbergensis, dem Vorfahren des Neandertalers. Diese Funde markieren den Beginn der Steinzeit in Rheinland-Pfalz.
Zunächst war Europa nördlich der Hochgebirge nur in den Warmzeiten besiedelt: Laubwälder und Gras beherrschten die Landschaft, in der Waldelefanten, Nashörner, Pferde und Rinder grasten. Dem Landesarchäologen Axel von Berg zufolge beweisen rund 60 Fundplätze, dass Rheinland-Pfalz schon in der Altsteinzeit besiedelt war. Viele davon liegen auf den Mosel- und Rheinterrassen. Ausgegraben wurden vor allem einfache Steinwerkzeuge wie Faustkeile oder scharfkantig behauene Flussgerölle. Auch ist belegt, dass die frühen Menschen Feuer nutzten, Wild jagten und in einfachen Holzbehausungen lebten. In den Kaltzeiten zogen sie sich wieder Richtung Süden zurück.

Mittlere Altsteinzeit
Die mittlere Altsteinzeit begann vor etwa 300 000 Jahren - es ist die Zeit des Neandertalers (Homo neanderthalensis), der für die folgenden 250 000 Jahre an Rhein und Mosel, in der Eifel und in der Pfalz lebte. Während drei Kalt- und zwei Warmzeiten vergingen, entwickelten die Neandertaler deutlich bessere Werkzeuge und eine effektivere Lebensweise als ihr Vorfahre (der Homo heidelbergensis). Ihre Körper waren an die extremen Klimabedingungen bestens angepasst: Sie waren robust, zäh, deutlich stärker und womöglich auch schneller als moderne Menschen. Ihre langen, breiten Nasen wärmten die eiskalte Luft vor, ehe sie in die Lungen strömte. Knochenuntersuchungen zeigen, dass Fleisch die Hauptnahrung der Neandertaler war. Und zahlreiche Fundstellen in Rheinland-Pfalz belegen, dass sie sich auf die Großwildjagd spezialisiert hatten. Vor rund 30 000 Jahren starb der Neandertaler aus. Die Zeit des modernen Menschen war angebrochen.

Jüngere Altsteinzeit
In einer Phase, in der sich die Umwelt mit dem schnellen Wechsel von Kalt- und Warmzeiten immer wieder radikal veränderte, wanderte der Homo sapiens aus Afrika nach Europa ein und verdrängte den Neandertaler. "Der moderne Mensch war mobiler, hatte bessere Jagdtechniken und konnte die Umwelt besser meistern", sagt Landesarchäologe Axel von Berg. Die typischen Steinwerkzeuge aus dieser Zeit sind nicht mehr Faustkeile, sondern Geräte mit scharfen Klingen, wie sie bei Gerolstein und im Trierer Land gefunden wurden. Kennzeichnend sind zudem Spitzen für Speerschleudern aus Knochen oder Elfenbein, Schmuck und erstmals in der Menschheitsgeschichte auch Kunst. Wichtigste rheinland-pfälzische Fundstätte aus dieser Zeit ist eine Jagdstation bei Neuwied-Gönnersdorf. Dort lebten die Menschen vor rund 15 000 Jahren in jurtenähnlichen, mit Fellen bespannten Holzhütten und jagten in der wildreichen, kalten Steppe. Klingen, Bohrer, Nadeln, Perlen, Anhänger und Venusstatuetten zeugen vom Alltagsleben. Berühmt wurde die Fundstelle aber wegen ihrer einzigartigen Steinzeit-Kunst: In Schieferplatten haben die Menschen Pferde, Mammuts oder tanzende Frauen graviert. Die Stücke sind derzeit im Mainzer Landesmuseum zu sehen.
Mittelsteinzeit
Nach dem Ende der letzten Eiszeit wird es um 9640 vor Christus deutlich wärmer - Wälder, in denen Hirsche, Rehe, Auerochsen und Wildschweine leben, prägen nun das Gesicht des Landes. Der Mensch passt sich an: Kleine Gruppen durchstreifen als Nomaden ein großes Territorium. Sie jagen mit Pfeil und Bogen. Die Steingeräte werden immer feiner und kunstvoller.

Die Jungsteinzeit
Im 6. Jahrtausend vor Christus kommt es zu einem gewaltigen Umbruch: Vom herumwandernden Jäger wird der Mensch zum sesshaften Bauern und Viehzüchter. Er domestiziert Wildtiere wie Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen, rodet Wälder und züchtet Nutzpflanzen wie Einkorn, Emmer, Erbsen und Linsen.
Es gibt genügend Nahrung, und so wächst die Bevölkerung. Erstmals nutzt der Mensch Äxte und Beile, erstmals töpfert er Keramik und baut große Häuser. Der Grundstein für unsere heutige Lebensform ist gelegt.Extra: TV-SERIE: SO GEHT’S WEITER


Im vorigen Teil unserer Serie Abenteuer Archäologie haben wir einen Blick auf die Kreaturen geworfen, die sich im Urozean tummelten. Im folgenden Teil zeigen wir, wie ein neuer Werkstoff - die Bronze - das Leben der Menschen veränderte. Texte, Videos und Fotos unter <%LINK auto="true" href="http://www.volksfreund.de/vorzeiten" text="www.volksfreund.de/vorzeiten" class="more"%>

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