Dinner für Fünfhundert

TRIER. Es war nicht nur das Kultstück "Dinner for one", das für entzückte Gesichter in der Silvesternacht im Trierer Theater sorgte. Rund 500 Gäste gaben sich in dem Musentempel dem Genuss von Schlemmereien hin, eingerahmt in ein abwechslungsreiches Abendprogramm.

"Genießen Sie diesen Abend in vollen Zügen und achten Sie auf die Klingelzeichen, damit wir das Signal zu Mitternacht nicht verpassen!", instruiert Intendant Gerhard Weber die Besucher vor Beginn der Veranstaltung im Theatersaal. Schließlich steht ein Programm von der Länge eines Arbeitstages an - die letzte Vorstellung wird erst in den Morgenstunden des Neujahrtages beginnen. Doch zunächst heißt es, sich bequem in die Sessel zurückzulehnen und dem "Vogelhändler" zu lauschen. Beschwingt summen manche Besucher die bekannten Melodien der Operette mit, spenden insbesondere Annette Johansson, Thomas Kießling, Angelika Schmid und dem Chor den verdienten Beifall. Mittlerweile durchziehen erste Wölkchen von Wirsing- und Fischduft den Theatersaal. "Hoffentlich klappt das gleich, so vielen Leuten gleichzeitig das Essen zu servieren", sorgt sich eine Frau. Doch es gibt keine Schlacht am kalten und warmen Büffet. Eher wie beim Essenfassen in der Kaserne stehen die Besucher Schlange an den fünf Ständen im rudimentär dekorierten Treppenaufgang und Foyer, wo zehn Mitarbeiter des Restaurants "Schlemmereule" Schwerstarbeit leisten und je 550 vorbereitete Essen pro Gang ausgeben - summa summarum 1650 Teller in gut einer Stunde. "Die Aktion hat uns seit vier bis sechs Wochen beschäftigt", sagt Geschäftsführer Peter Schmalen, seit Mittwoch arbeite man ununterbrochen. Fortan nehmen die Besucher an mitunter etwas wackligen Bistro-Stehtischen den Kampf mit Pastete, Passionsfrucht und Perlhuhn auf. Und kommen dabei unkompliziert ins Gespräch mit Gleichgesellten. "Schade, dass aus der örtlichen Kulturszene keiner gekommen ist", bemerkt Claudia Jaskowski. Immerhin sei die Veranstaltung ein Novum im kulturellen Angebot der Stadt. Viele neue Gesichter, wenig Bekannte macht auch ein anderer Trierer an dem Abend aus. Offenbar haben etliche Theaterneulinge mit dem veränderten Silvesterangebot Lust aufs Theater bekommen. Er hätte noch 200 Karten mehr verkaufen können, so gut sei die Nachfrage gewesen, meint Weber, der das gleiche Konzept der Silvestergala sechs Jahre lang erfolgreich in Hannover praktizierte. Der Erfolg liegt vielleicht auch in der Abwechslung im Programmablauf - nach dem Essen wird gerockt. "Are you ready?", ruft Elvis, und auch die silberhaarigen unter den Gästen raunen begeistert"Yeah!" Alles klatscht im Takt von Tutti Frutti, kreischt auf, wenn Elvis und Gefolge Hüft- und Kniegelenke in gesundheitsgefährdendem Maße biegen. Ohne Pause öffnet sich der Vorhang zu "Dinner for one".Detailgetreue Kopie des Originals

Was dann Dieter Oberholz als Miss Sophie und Michael Ophelders als Butler James liefern, ist eine urkomische, detailgetreue Kopie des Originals - allerdings in Farbe, live und dreidimensional. Herrlich schlingernd, mit dem Kopf wackelnd, hackenschlagend und "Cheerio" brüllend stolpert Ophelders durch des Butlers Pflicht. So viel Alkohol sollte abschrecken, die Trierer aber nicht. Pünktlich zum Jahresbeginn werden hundertfach die Piccolos aufgeschraubt - Knallgeräusche gibt es ersatzweise aus der Dose. "Theater nicht als elitärer Ort, sondern belebt wie in vergangenen Zeiten", lobt Klaus-Peter Walter.

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