Düsteres Inferno und pure Klanggewalt

TRIER. In Zusammenarbeit mit den Mosel Festwochen verlagerte das städtische Orchester sein letztes Sinfoniekonzert vom Theater in den Trierer Dom. Mit von der Partie waren der Domchor, die Jugendkantorei des Domes, sowie Domkantor Harald Schmitt und Domorganist Josef Still.

Zufrieden war Hermann Lewen, Intendant der Mosel Festwochen, mit dem Besuch des Konzertes im Trierer Dom. Was die vielen Besucher erwartete, war Klanggewalt pur. Zunächst fand sich auf dem Programm das Poème Opus 9 für Orgel und Orchester, geschrieben von der französischen Komponistin Jean Demessieux. Hand in Hand gingen Orgel- und Orchesterklang, ergänzten sich, spielten sich gegeneinander aus, lebten im Raum richtig auf. Beeindruckend, was das Publikum von Orchester und Orgel geboten bekamen. War die Akustik dem Poème zuträglich, stand sie Passacaglia und Fuge in c-moll von Johann Sebastian Bach, in der Adaption für Sinfonieorchester durch Leopold Stokowski im Wege. Was in einem Konzertsaal erhaben klingen mag, im Dom mutierte es zu einem großen Mulm, bei dem die kontrapunktischen Künste des Werkes kaum zu erkennen waren. Schwierigkeiten, mit denen nicht nur das Publikum zu kämpfen hatte. Für Generalmusikdirektor Dénes war es nicht leicht, seinen Klangapparat zusammen zu halten. Eine akustische Orientierung der einzelnen Register schien fast unmöglich. Anders gestaltete sich das ganze bei der Dante-Sinfonie von Franz Liszt. Hier nahm der Raum die Musik auf, unterstützte die Wirkung. Geradezu bedrohlich düster wirkte das Inferno des ersten Satzes, entwickelte eine Klanggewalt, die beängstigen konnte. Auf die mächtigen Schallwellen des Gongs reagierten gar die Fenster des Domes mit einem angstvollen Geklapper. Von Klarheit geprägt waren die Beiträge der Sopranistin Eva-Maria Günschmann, die kraftvoll, aber weich ihren Part bewältigte. Wie aus Sphären erklangen im dritten Satz die Fragmente des Magnificats, interpretiert von den Damen des Domchores, den Damen des Theater- und des Extrachores sowie der Jugendkantorei des Domes. Dénes hatte dieses Vocalregister an der äußersten Spitze des Hochchores, direkt unter der Heilig-Rock-Kapelle platziert, was der theatralischen Wirkung zugute kam. Vom Kirchenschiff aus kaum wahrnehmbar, für den Zusammenhang zwischen Chor und Orchester aber wichtig, war die Tatsache, dass Domkantor Harald Schmitt mit der Chororgel des Domes eine akustische Brücke bildete. Ein Konzert, das gespaltene Gefühle hinterließ. Konnte man sich über weite Strecken an der Leistung aller Mitwirkenden erfreuen, zeigte es aber auch deutlich, mit welchen Schwierigkeiten der Transfer eines Sinfonieorchesters in ein Gotteshaus verbunden ist. Herzlicher Applaus dankte den Akteuren.

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