Ein Idol war er nie

TRIER. Eine Ikone der Rockgeschichte erweist der neuen Arena ihre Reverenz: Meat Loaf, seit 30 Jahren für geniale Hits und gnadenlose Abstürze zuständig, gastiert erstmals in Trier.

Der junge Amerikaner, dessen Rockpalast-Konzert im Sommer 1978 über die Bildschirme flimmerte, war so etwas wie Schwiegermamas Alptraum: Ein übergewichtiger Koloss mit schulterlangen, strähnigen, durchgeschwitzt am Kopf klebenden Haaren, ein weißes Rüschenhemd (!) über dem mächtigen Bauch gespannt, der obszöne Gesten Richtung Kamera machte und dreinblickte, als fresse er kleine Kinder. Ein Idol im landläufigen Sinn war Marvin Lee Aday nie. Nicht, als ihm sein Football-Trainer auf dem College den Spitznamen Meat Loaf (zu deutsch sinngemäß: Fleischklops) verpasste. Nicht, als er ein paar Jahre später als Rocker "Eddie" in der legendären Verfilmung der "Rocky Horror Picture Show" die Rolle des unfreiwilligen Organspenders übernahm. Und selbst dann nicht, als sein Debüt-Album "Bat out of hell" ab 1977 mit 30 Millionen verkauften Exemplaren zur dritt-erfolgreichsten Rock-Platte aller Zeiten avancierte. Meat Loaf, von dem bis heute keiner genau weiß, ob er 1947 oder 1951 geboren wurde, kultivierte sein schrilles Image. Dabei war die Musik, die ihn bekannt machte, alles andere als schrill. Die sinfonischen Rock-Klänge seines Komponi-sten Jim Steinman, die riesigen Orchester-Arrangements waren wie geschaffen für die große Stimme des Autodidakten. Einen "Wagner-Rock-Sänger" nannte ihn Steinman, der später auch für andere Künstler wie Bonnie Tyler ("Total eclipse of the heart") Welthits schrieb und das Musical "Tanz der Vampire" komponierte. 472 Wochen blieb "Bat out of hell" in den Charts und eroberte sich damit einen Platz im Guiness-Buch der Rekorde. Fast jeder Titel wurde ein Hit, das verschwitzte Monster fand sich plötzlich als Weltstar auf allen Bühnen wieder. Drei Jahre tourte er ohne Pause - bis Körper und Stimme nicht mehr mitmachen wollten. Er verkrachte sich mit Steinman, produzierte in den Achtzigern nur noch wenige Platten, landete mit "Modern Girl" immerhin noch einen Achtungserfolg. Meat Loaf veränderte sein Äußeres dramatisch. Als er 1987 bei einem Open Air im saarländischen Neunkirchen auftrat, erkannten viele Zuschauer den kurzhaarigen Mann in der knackigen Jeans erst, als er zu singen begann. Die in jeder Hinsicht mageren Sänger-Jahre kompensierte er mit einer beachtlichen Leinwand-Präsenz: Immerhin 27 Kinofilme drehte er von 1975 bis 2001. Viele B-Movies waren darunter, aber auch Hochkarätiges wie "Fight Club" mit Brad Pitt oder Antonio Banderas' Regie-Debüt "Crazy in Alabama". Das sensationelle Comeback kam aber, als sich das Duo Steinman/Meat Loaf 1993 wieder zusammentat und in Anknüpfung an alte Tage "Bat out of hell 2 - Back into hell" herausbrachte. "I would do anything for love" stürmte alle Hitparaden, und die zugehörige CD fand 15 Millionen Käufer. Aber Meat Loaf blieb seiner Linie treu und kümmerte sich wenig um die Gesetzmäßigkeiten des Musikmarktes. In den zehn Jahren von 1993 bis 2003 produzierte er, abgesehen von einer Best-of-Zusammenstellung, nur ein einziges Album. Erst jetzt kam, pünktlich zur Tour, mit "I couldn't have said it better" eine neue Scheibe. Der wilde Mann von einst ist ruhiger geworden, auch wenn das zwischenzeitlich erreichte Idealgewicht wieder ein paar Pölsterchen gewichen ist. In seiner Band "Neverland Express" singt längst Tochter Pearl Aday im Background mit. Dass er allerdings immer noch für Überraschungen gut ist, bewies sein spektakulärer "Kuss-Auftritt" bei "Wetten dass...". Im September war er in den USA unterwegs, zum Jahresende geht es auf große England-Tournee, momentan ist Deutschland dran. Zwischen Hamburg und Berlin macht er am 2. November in der Arena Trier Station. Karten zum Konzert gibt es unter der TV -Tickethotline 0651/7199-996 und in den Pressecentern des Trierischen Volksfreunds in Trier, Bitburg und Wittlich.

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