Eine Finnin hat den Blues

Ein altes Vorurteil der Musikgeschichte macht die junge Finnin Erja Lyytinen mit ihrem zweiten Album ,,Grip of the Blues" endgültig zunichte: Den Blues können nur schwarze alte Männer aus den Südstaaten der USA richtig zelebrieren.

 Die Finnin Erja Lyytinen zeigt mit ihrem Album „Grip of the Blues“, dass nicht nur Schwarze den Blues singen können. Foto: PR

Die Finnin Erja Lyytinen zeigt mit ihrem Album „Grip of the Blues“, dass nicht nur Schwarze den Blues singen können. Foto: PR

Mit ,,Grip of the Blues" veröffentlicht die brünette Sängerin, Songwriterin und Gitarristin aus Europas hohem Norden nun nach ihrem weltweit gefeierten Solo-Erstling ,,Dreamland Blues" (2006; Ruf Records 1114) eine CD mit insgesamt zwölf Titeln: Davon sind acht Eigenkompositionen sowie zwei Stücke, die sie gemeinsam mit ihrem Begleit-Gitarristen Davide Floreno geschrieben hat, und schließlich zwei Cover-Versionen.

Erja Lyytinen mischt auf ihrem neuen Album den kantigen alten Blues mit modernem Rhythm'n'Blues, sie versteht es zudem, wie ,,Wish I Had You" (Titel 7) oder auch ,,Unreachable" (Titel 8) zeigen, einfühlsame Balladen zu schreiben.

,,Im Song ,Let It Shine' (Titel 6) steckt eine Menge Gospel-Feeling drin", sagt Erja. ,,Ich war bei einem Robert-Randolph-Konzert und von seinem Stil hellauf begeistert. Bei dem Stück ließ ich mich von seinem wahnsinnig schnellen Slide-Spiel inspirieren!'"

Aber nicht nur ,,Erhellendes" findet sich auf ihrer CD, sondern auch jede Menge ,,Dunkles".

Zwei Cover-Versionen drückt Erja zudem ihren eigenen Stempel auf und gewinnt ihnen neue (Interpretations-)Nuancen ab. So zum einen dem Song ,,Steamy Windows" von Tony Joe White, bekannt vor allem in Tina Turners Version. Zum anderen dem Mississippi-Blues-Klassiker ,,Rollin' & Tumblin'" (Stück 10). ,,Den Titel spiele ich schon seit vielen Jahren auf meine eigene ,finnische' Art und Weise", schmunzelt sie.

Finnland ist seit Jahren im Bereich Rock- und Popmusik bekannt für ,,dunkle" beziehungsweise ,,düstere" Musik. Genannt seien etwa die vier Cellisten von ,,Apocalyptica" mit ihren Metal-Titeln oder die Gothic-Formation ,,Him" um Frontmann und Sänger Ville Valo.

Als Anspiel-Tipps zu empfehlen: ,,Everything's Fine" (Stück 2) sowie der Titelsong ,,Grip of the Blues” (Stück 3), in denen Erja sowohl ihr exzellentes Gitarren-Spiel (zumeist Slidegitarre) als auch ihre wandlungsfähige Blues-Stimme gekonnt einsetzt.

Fazit: Ein tolles Album, mit dem sich Erja Lyytinen gleichberechtigt in die vordere Reihe der jungen europäischen Blues-Musikerinnen - Sängerinnen und Gitarristinnen - wie Ana Popovic oder Dani Wilde stellt. Ihr Gitarrenspiel ist meisterhaft und ihre Stimme fantastisch. Von ihr werden wir sicherlich noch viel Beeindruckendes hören: Vielleicht auch bald in der Region, denn Erja Lyytinen hat bereits nach ihrem ,,Dreamland Blues"-Album weit mehr als 150 Konzerte in ganz Europa gespielt.

Zum Erscheinungsbild der CD: Sie präsentiert sich im Vinyl-Look, wie es in der Presse-Mitteilung vom Label ,,Ruf Records" heißt. Will sagen: Die Compact-Disc ist kein Silberling mehr, sondern sieht aus wie eine ehemalige Schallplatten-Single, ist also schwarz und hat auf der Oberseite Rillen.

Erja Lyytinen: Grip of the Blues, Ruf 1141.

Jörg Lehn

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