Einfach mal ausprobieren

TRIER. Vier Tage lang Theater total, das kann jahrelange Praxis nicht andeutungsweise ersetzen. Aber das JugendMusikTheater-Projekt gibt 205 Schülerinnen und Schülern Einblick in die künstlerische Arbeit. Und kann dabei manches Vorurteil entkräften.

Künstler sollen für Kunst da sein und nicht darüber reden. Darum fällt es ihnen schwer, in Worte zu fassen, was denn das Wesentliche, das Eigentliche ihrer Profession ist und was sie den jungen Menschen mitgeben wollen, die vom 8. bis zum 11. Juli im "JugendMusikTheater-Projekt" (JuMuTh) mit ihnen arbeiten. Klar, die ganze Breite der Theaterarbeit, sagt Leiterin Beatrice Bergér. Klar, Teamfähigkeit erproben, Zusammenarbeit lernen, sagt Tenor Thomas Kiessling. Klar, Freude am Musizieren entdecken, sagt Bass Daniel-Lewis Williams. Aber ist das nicht sehr allgemein? Werden damit nicht Kriterien, sagen wir, eines Fußballspiels aufs Theater übertragen?Nicht drauflos singen, sondern nachdenken

Da findet Daniel-Lewis Williams die treffenden, die erhellenden Sätze: Das JugendMusikTheater vermittle, was Künstler-Sein und künstlerische Arbeit bedeuten. Zum Beispiel beim Gesang: Nicht einfach drauflos singen, sondern üben, probieren, nachdenken. Singen auf dem Theater bedeutet erst einmal Lernen. Dazu gehört, die Töne so oder auch anders zu färben. Dazu gehört, Emotionen so auszudrücken, dass sie den Zuhörer erreichen. Dazu gehört, Seele und Technik zusammen zu bringen. Dazu gehört, sich mit enormer Anstrengung und enormer Kreativität der Musik und der Darstellung zu verschreiben. Das sollen die Teilnehmer am ersten Pilotprojekt der Initiative erfahren. Weitere Projekte werden folgen. Und beim Kulturhauptstadt-Projekt 2007 wird das JuMuTh dabei sein. 205 Schülerinnen und Schüler des Trierer Auguste-Viktoria-Gymnasiums haben sich für die Theatertage angemeldet. Die Rolle der Männer wäre übrigens eine Untersuchung wert: in den Sparten Gesang und Tanz bleiben die Frauen fast vollständig unter sich. Wer dabei ist, hat zu tun - in allen fürs Theater wichtigen Bereichen, vom Kulissenschieber bis zur Primadonna. Konzentriert, aber nicht unter Stress, betont Thomas Kiessling. Die Resultate sollen sich aus der Arbeit entwickeln. Niemand weiß genau, wie die Angelegenheit ausgeht. Das Pilotprojekt ist ein echtes Experiment. Aber die Professionalität der angesehenen Dozenten und die Sorgfalt der Vorbereitung stehen für ein ansehnliches Ergebnis. Die Dozenten wollen vor allem ein realistisches Bild von Kunst, eine realitätsnahe Anschauung vom Theater vermitteln. Sie wollen in der Praxis zeigen, wie schwer das scheinbar Leichte ist, aber auch wie lohnend, wenn es gelingt. Die jungen Menschen sollen ihr eigenes Potenzial kennenlernen, sich entdecken und entfalten. Deswegen folgt auch die Arbeit am Bühnenbild keinen zwingenden Vorgaben, ergänzt Bühnenbildner Jürgen Küpper. Vier Tage können aus Kunstbegeisterten keine Künstler machen. Aber sie können falsche Vorstellungen von Musik und Theater korrigieren. Sie können vermitteln, dass Kunst mehr ist als eine gefällige Arabeske des Alltags. Und sie können dazu beitragen, dass das Publikum für ernsthaftes Theater und ernsthafte Musik nicht ausstirbt. Vorstellungen am 10. Juli (19.30 Uhr) und 11. Juli (18.30 Uhr und 20.30 Uhr).

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