Einsame, Alleinstehende, Gestrandete

SAARBRÜCKEN. Zum 25. Mal steht Saarbrücken in dieser Woche ganz im Zeichen des Films. Auf dem Max-Ophüls-Festival, erstmals 1980 gestartet, konkurrieren bis Sonntag, 1. Februar, 15 Nachwuchsfilmemacher um den begehrten Max-Ophüls-Preis. Am Montag war Auftakt des Festivals.

Der Paketbotin Dora ist der Mann weggelaufen. Der alleinstehende Bergarbeiter Schultze wird in den Vorruhestand geschickt. Der junge Ozren kämpft verzweifelt um die Liebe seiner Mutter, die als Prostituierte arbeitet. Und ein einsamer Kommissar sucht in Portugal verbissen nach der Wahrheit.Verzweifelter Kampf um Liebe

Einsame, Alleinstehende und Gestrandete stehen im Mittelpunkt des ersten Wettbewerbstages beim 25. Max-Ophüls-Festival. Vier der 15 Filme waren am Montag zum ersten Mal zu sehen."Hurensohn" von dem Wiener Regisseur Michael Sturminger erzählt nach dem gleichnamigen Roman von Gabriel Loidolt von dem Jungen Ozren (Stanislav Lisnic) und seiner alleinstehenden Mutter Silvija (Chulpan Kha-matova), die als Edel-Prostituierte arbeitet und kaum Zeit für ihren Sohn hat. Ozren wird schon als kleiner Junge "Hurensohn" beschimpft - da glaubt er noch, dass sie als Kellnerin arbeitet. Als er älter wird, entdeckt er, womit seine Mutter ihr Geld verdient. Sturminger geht es um die "Unmöglichkeit einer Beziehung". Ihm gelingen einige anrührende Momente, andere Szenen wirken eher übertrieben und aufgesetzt und so vermag einen der Film vor allem gegen Ende nicht so richtig zu packen. Der österreichische Filmemacher Markus Heltschl macht es uns nicht gerade einfach. Seine Krimi-Geschichte "Der gläserne Blick" spielt irgendwo an der portugiesischen Küste, westlich von Lissabon. Dort wird eine männliche Leiche ans Ufer geschwemmt, was Kommissar Pinto (Miguel Guilherme) auf den Plan ruft. Der von seiner Frau getrennt lebende Polizist hat zwar eine Geliebte, doch er leidet vor allem unter der Trennung von seiner Tochter, die er nur ab und zu sieht. Es wird deutsch, englisch und portugiesisch gesprochen, es gibt Untertitel - und alles bleibt irgendwie verwirrend-geheimnistuerisch in der Schwebe. Zu den stärksten Filmen des Wettbewerbs gehören die Geschichten, die vom Alltag erzählen und die Region mit einbeziehen, in denen sie spielen. Zwei herausragende Beispiele: "Nachbarinnen" und "Schultze gets the blues" . Franziska Meletzky (Jahrgang 1973) stammt aus Leipzig, wo auch der Film spielt. In einem Plattenbau lebt Dora (Dagmar Manzel). Die Kurier-Fahrerin ist wortkarg und verschlossen. Nachdem ihr Mann sie eines Tages aus heiterem Himmel verlassen hat, lebt sie allein. Die Kakteensammlerin hat sich eingeigelt, zeigt ihrer Umwelt die Stacheln. Franziska Maletzky erzählt die Geschichte der beiden Frauen mit Tempo und trockenem Humor. "Nachbarinnen" ist genau beobachtet, präzise inszeniert und hervorragend gespielt. Vom Plattenbau in eine kleine Bergarbeitergemeinde an der Saale. Hier lebt Schultze (Horst Krause). Das geregelte Leben zwischen Arbeit unter Tage in der Kali-Mine, Angeln mit seinen Kumpel, Schrebergarten und Musikverein ändert sich, als Schultze und zwei Kollegen in den vorzeitigen Ruhestand geschickt werden. Schultze, der zeitlebens auf seinem Akkordeon nur Polka gespielt hat, entdeckt eines Abends im Radio amerikanische Cajun-Musik. Die feurigen Südstaaten-Klänge mit dem Akkordeon gehen dem Kumpel nicht mehr aus dem Kopf -"Schultze gets the blues".Regisseur Michael Schorr nimmt sich viel Zeit. Er vertraut seinen ruhigen, dokumentarisch anmutenden Bildern, mit denen er vom Leben und vom Alltag in der Bergarbeitergemeinde erzählt. Gegen Ende gibt's zwar ein paar Längen, doch dann kriegt "Schultze" wieder sehr schön die Kurve, wartet mit tragikomischen und originellen Ideen auf.

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