Epos der Selbstzerstörung

Luxemburgs "rainy days" setzen zusehends Akzente im Bereich Neue Musik. Die abschließende Performance "I am a Mistake" verhieß ein Spektakel und bot vor rund 700 Besuchern bemerkenswerte Qualität.

Luxemburg. Wie gefährlich leicht hätte das Konzept von Jan Fabre misslingen können! Wie rasch hätte sich, was nostalgisch zurückblickt auf den Existenzialismus der 1950-er Jahre und die 68-er Zeiten, zum leer laufenden Spektakel absinken können! Zeitweise schien es, als würde die Musik-, Film-, Sprech- und Tanzproduktion des belgischen Künstlers in eigensinniger Provokation versanden. Vier zigarettenrauchende Tänzerinnen, dazu drei simultan ablaufende Schwarz-weiß-Filme mit Raucherinnen, teil in erotischen Femme-fatale-Posen, teil sichtlich angegriffen durch die Nikotinsucht, eine Sprecherin, die das Bekenntnis "I am a Mistake" vielfältig und in selbstbewusster Lautstärke verkündet - das bewegt sich auf der Ebene gut gemeinter Anti-Moral. Aber die farbenreiche, dichte und aller Beliebigkeit ferne Musik von Wolfgang Rihm, die weit mehr ist als nur klingende Folie, sie verleiht den Aktionen Gewicht und Substanz. Das instrumental-vokale "Ensemble recherche" unter Lucas Vis leuchtet die Vielfalt der Partitur aus und vermittelt zugleich die Stringenz von Rihms Musik. Und so verdichtet sich, was anfangs ziellos wirkt, zu einem gewichtigen, ja philosophischen Epos lustvoller Selbstzerstörung, zum Plädoyer für eine Autonomie, die den Tod nicht scheut.Hörerlebnisse, die über den Horizont des Gewohnten hinausgehen - darauf zielen die "rainy days". Bernhard Günther, seit 2005 Organisator des Festivals, das in der Philharmonie, aber auch an ganz ungewöhnlichen Orten stattfindet, bekundet Zufriedenheit. Das Interesse sei weiter gewachsen. Veranstaltungen wie "the moon in the moonless sky" von Klaus Lang (Musik), Claudia Doderer (Raum) und Andreas Fuchs (Licht) richten sich allerdings an bestensfalls drei Dutzend Zuhörer - wobei diese die Klänge der hervorragenden "United Instruments of Lucilin" im punktuell erleuchteten Schwarz des Philharmonie-Experimentalstudios fast körperlich nachempfinden konnten. Aber die Orchesterkonzerte und die Abschlussveranstaltung zogen regelmäßig an die 700 Besucher an. Und manche Konzerte, so sagt Günther mit einer Spur Stolz in der Stimme, seien wirklich ausverkauft gewesen.

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