Frisch und frech

TRIER. Fürs Jubiläum Frische: Zum zehnten Mal wurde in diesem Jahr der Saar-Ferngas-Förderpreis Junge Kunst vergeben. Derzeit sind die Wettbewerbsarbeiten in Trier zu sehen.

Die gute Nachricht vorab: Junge Kunst ist wieder jung - und das mit Qualität. Zum zehnten Mal wurde in diesem Jahr der Saar- Ferngas-Förderpreis ausgeschrieben. Der mit einem Preisgeld von insgesamt 17 500 Euro ausgestattete Wettbewerb ist einer der wichtigsten Förderpreise für junge Künstler bundesweit und somit nicht nur begehrt sondern auch aussagefähig, wenn es darum geht, den künstlerischen Nachwuchs zu sichten. Von den 1300 Bewerbern hat eine Vorjury 20 Teilnehmer für die Wettbewerbsausstellung zugelassen. Als erste Station in Rheinland-Pfalz sind die Arbeiten jetzt in der Trierer Tufa und im Galerieraum der "Jungen Kunst" zu sehen. Der Kunstverein in der Karl-Marx-Straße ist mit der Saar Ferngas Ausrichter der Schau.Ein Votum für Qualität

Die Beschränkung auf wenige Teilnehmer setzt angesichts der derzeitigen Inflation auf dem über alle Maßen aufgeblähten Kunstmarkt ein gleichermaßen mutiges wie erfreuliches Zeichen. Sie ist ein Votum für Qualität und gegen einen künstlerischen Gummiwand-Liberalismus, der scheinbar alles gelten lässt. Und sie ist ein Votum gegen eine Kunst, die sich in jungen Jahren schon altmeisterlich geriert. Originalität sei ein wichtiges Qualitätskriterium bei der Sichtung der Arbeiten gewesen, sagt denn auch Jury Mitglied Richard W. Gassen vom Wilhelm Hack Museum in Ludwigshafen. Was offensichtlich ist: Die ausgewählten Arbeiten sind allesamt frei von modischen Aufgeregtheiten. Gleichwohl geben auch sie Auskunft über aktuelle Strömungen. Der Gang durch Tufa und Galerieraum zeigt einmal mehr, was "Junge Kunst" leisten kann: nämlich einen erfrischenden Dialog mit der privaten und öffentlichen Wirklichkeit, in dem die Künstler ihre bildnerischen Mittel schlüssig als Argumente einsetzen. Es macht ausgesprochen Spaß, zu sehen, wie sich die jungen Künstler über Gemälde, Fotografie, Video und Graphik die Welt bildnerisch aneignen: selbstbewusst, bunt, manchmal frech, meist hoffnungsfroh und zuweilen ein wenig verträumt. Und was am schönsten ist: Sie bestehen auf ihrer neuen Sicht auf eine alte Welt. Das beste Beispiel dafür ist der Gewinner des ersten Preises (8000 Euro). Tobias Köbsch hat in seinen Gemälden die Baracken dieser Welt längst hinter sich gelassen. Sein Blick geht ins Weite. Zauberhaft erzählt in Holzschnitt-Technik Silke Schmidt von wundersamen Begebenheiten. Die Gewinnerin des zweiten Preises (5000 Euro) berichtet von einem Mädchen, das das Flüstern der Bäume hört und von Wäldern, die Menschengestalt annehmen. Hinreißend dichte, poetische Arbeiten sind die "versöhnten Unwirtlichkeiten" von Sonja Knopp. Die Ölgemälde verströmen etwas vom Licht der Romantik. Sehr eindrucksvoll und originell ist Christiane Haases Raumbesetzung in der Jungen Kunst (Publikumspreis 1500 Euro.) Ihre "seltsame Invasion" aus schön schaurigen Mini-Organismen, die als Wandarbeit aus Ecken, Löchern und Steckdosen des Raums kriechen und ihn mit merkwürdig skurrilen Ornamenten überziehen, hat etwas von den Ameisen und Insektenschwärmen manch eines Science-Fiction-Films. Witzig und frech: Katharina Gschwendtners Hinter-Plexiglasmalerei. Nicht nachzuvollziehen ist indes die Entscheidung für den 3. Preis (3000 Euro). Astrid Behrens Anti-Pornohelden sind schlicht belanglos. Sich einzumischen lädt hingegen das einzige interaktive Kunstwerk der Schau ein. In der Fleischstraße hat der Däne Tue Greenfort einen Schalter an eine Laterne installiert, mit dem Passanten die Beleuchtung ausschalten können. Tuchfabrik Di. - Fr. 14-17 Uhr, Sa., So. 11-15 Uhr, Galerie Junge Kunst Di.-Fr. 14-17 Uhr, Sa., So. 11-15 Uhr.

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