Gefühlvolle Texte mit Tiefgang: Adel Tawil im Volksfreund-Interview

Trier · Mit Ex-Ideal-Sängerin Annette Humpe hat Adel Tawil 2004 das Duo Ich & Ich gegründet und liefert seitdem einen Hit nach dem anderen ab. Jetzt ist er erstmals solo auf Tour und kommt im Sommer auch für ein Open-Air-Konzert nach Trier.

 Große Stimme, berührende Texte: Adel Tawil, hier beim Auftritt im schweizerischen Gampel, rockt am 2. August im Amphitheater Trier. Foto: dpa

Große Stimme, berührende Texte: Adel Tawil, hier beim Auftritt im schweizerischen Gampel, rockt am 2. August im Amphitheater Trier. Foto: dpa

Trier. Das formelle "Sie" legt der Künstler direkt ab. "Du" ist ihm lieber. Mit TV-Mitarbeiterin Stefanie Braun sprach Adel Tawil (35) über sein erstes Soloalbum, seine Musik und die Vorfreude auf sein Open-Air-Konzert am 2. August vor historischer Kulisse im Trie-rer Amphitheater.

Du schreibst deutsche Text, die verständlich und doch philosophisch sind. Was macht für dich den Reiz deiner Texte aus?
Adel Tawil: Ich versuche einfach über das Leben zu schreiben; das, was mir in den letzten Jahren passiert ist, in Worte zu fassen. Mir passieren dieselben Dinge wie anderen, mit denselben Gefühlen. Und das versuche ich dann so "einfach" wie möglich zu texten. Ich versuche nicht kryptisch zu sein. Jeder soll diese Gefühle nachempfinden können.

Die ersten Auskopplungen aus deinem Soloalbum sind gleich in die Charts eingestiegen. Ist das auch ein Zeichen für den Hunger der Musikfans nach intelligenten Texten ohne erhobenen Zeigefinger?
Tawil: Ich glaube, dass die Menschen immer danach gieren, emotionale Texte zu hören, die authentisch und ehrlich sind, eben vom ganz normalen Leben sprechen. Das Schönste an Musik ist ja, dass sie eigentlich unlogisch ist: Wenn ein Mensch traurig ist, würde man denken, er hört ein fröhliches Lied, damit es ihm besser geht. Das Gegenteil ist der Fall. Ich will von der Musik verstanden werden, da hat ein erhobener Zeigefinger nichts zu suchen.

Deine ersten Erfolge hattest du in Bands und mit dem Duo Ich & Ich. Erleichtert die Teamarbeit den Einstieg ins Business?
Tawil: Für mich war es einfacher und zudem ein großer Spaß. Auch bei meinem Soloalbum habe ich mit vielen Leuten zusammengearbeitet. Das ist mir wichtig. Musik ist ja auch ein Energieaustausch.

Wie hat sich der kreative Prozess nun beim Soloalbum verändert?
Tawil: Als Solokünstler hat man auch manchmal Phasen von Unsicherheit. Am Ende des Tages schauen dich alle an, mit denen du gearbeitet hast, und warten darauf, dass du sagst: "Ja, so ist es gut." Beim eigenen Album ist man am Ende der, der entscheiden muss; das war neu für mich.

Im August trittst du im Trierer Amphitheater auf: Kennst du den Platz schon?
Tawil: Ich war schon in Trier, und es ist echt wunderschön. Ich freue mich riesig. Bei der Bookinganfrage waren alle ganz aus dem Häuschen. Das wird eines der Highlights in diesem Sommer.

Ist etwas Besonderes geplant?
Tawil: Wir haben die Tour schon in Hallen gespielt, aber für den Sommer werden wir uns noch ein paar Sachen überlegen, man darf also gespannt sein.

Was hälst du vom Auftritt an so einem geschichtsträchtigen Ort?
Tawil: Das ist toll! Man spürt es immer, wenn man an so denkwürdigen Stätten spielt. Auch ich als Künstler spüre das auf der Bühne. Dann verändert sich das Konzert in diese Richtung, und man ist selbst richtig begeistert von der Location. Das ist schon etwas Besonderes.

Hast du trotzdem Angst vor einem Open-Air-Auftritt?
Tawil: Wenn es ganz doll schüttet, ist das natürlich nicht gut. Aber die Leute, die Open-Air-Konzerte besuchen, sind das auch gewöhnt, haben Regenschirme dabei und schauen den Wetterbericht. Open Air ist etwas sehr Schönes, ganz anders als Hallentouren. Die meisten Hallen sind Mehrzweckhallen, da fehlt das Flair und das Genießen dabei, man sieht wenig von den Städten. Bei Open Air ist das anders. Wir werden vielleicht schon einen Tag vorher da sein und uns tagsüber Trier anschauen, vielleicht etwas Leckeres in der Sonne essen und uns dann auf eine Wiese legen, bevor wir abends spielen.

Hast du schon weitere Pläne?
Tawil: Erstmal gibt\'s bis Ende des Jahres noch ein paar Songs und Videos. Jetzt freue ich mich auf "Zuhause", ein ganz besonderer Song für mich, weil er mit Matisyahu zusammen ist, einem sehr bekannten Reggaekünstler aus Amerika.
Und ich bin schon am Überlegen, was das nächste Album sein soll. Dafür muss man sich Zeit nehmen, vielleicht ein bisschen herumreisen und Eindrücke sammeln. In der Musik läuft alles in Phasen: Man ist im Studio, fast nur in der Heimatstadt, man gewöhnt sich daran. Das ist ein echter Abschnitt. Wenn die Platte dann rauskommt, macht man Promotion, ist "on the road", geht auf Tour. Dieser Wechsel macht riesigen Spaß und ist für mich die komplette Erfüllung.
Karten: TV-Service-Center Trier, Tickethotline 0651/7199-996, www.volksfreund.de/ticketsExtra

Der Sänger und Songschreiber Adel Tawil wurde 1978 in Berlin-Siemensstadt geboren. Sein Vater ist Ägypter, seine Mutter Tunesierin. Erste Charterfolge feierte Tawil Ende der 1990er Jahre als Mitglied der Boyband The Boyz. Seit 2004 bildet er mit Musikproduzentin Annette Humpe, der früheren Sängerin der Neue-Deutsche-Welle-Gruppe Ideal, das Duo Ich+Ich. Das gleichnamige Album landete 2005 in den Top Ten der deutschen Albumcharts. Hits wie "Vom selben Stern", "So soll es sein" oder "Du erinnerst mich an Liebe" gingen aus dieser Combo hervor. Nun hat der Künstler sein erstes Soloalbum ("Lieder") heraus gebracht, mit dem er am 2. August auch in Trier Station macht. sbra

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