Grenzenlose Menschenliebe

TRIER. (mö) Volkstrauertag, 60 Jahre Kriegsende in diesem Jahr und 67 Jahre Reichpogromnacht, die Anlässe sind bedeutend und zahlreich. Manfred May hatte mit dem Trierer Konzertchor vor elf Jahren Michael Tippetts "A Child of our Time" aufgeführt – erstmals in Trier. Am Sonntag erklingt das Werk erneut.

"A Child of our Time" hat in der Großregion seine eigene Geschichte. Vor elf Jahren fand unter der Leitung von Manfred May die Trierer Erstaufführung des Oratoriums von Michael Tippett statt. "Von der Geschichte überholt und doch brennend aktuell", schrieb der TV. 1995 eröffnete die Komposition in einer Aufführung unter Martin Folz sogar das luxemburgische Kulturhauptstadt-Jahr. Der humanitäre Appell in beiden Aufführungen bewegte das Publikum damals zutiefst. Jetzt erklingt das Werk erneut. Am kommenden Sonntag, 13. November um 18 Uhr wird "A Child of our Time" in der Trierer Basilika St. Maximin aufgeführt - wieder unter Manfred May. "Der ergreifende, aufrüttelnde Text, die Aktualität des Werkes gerade in Zeiten weiteren weltweiten Terrors, die Vielschichtigkeit der Musik" - das macht für den Dirigenten des Trierer Konzertchors den Reiz des Werks aus und ist Grund für die Wiederaufführung. Michael Degen wird dazu Texte sprechen. Tippetts 1941 geschriebenes Oratorium bezieht sich auf ein konkretes Ereignis: Die Ermordung des deutschen Gesandten von Rath in Paris durch einen polnischen Juden - für die Nazis willkommener Vorwand zur "Reichspogromnacht" vom 9. November 1938. Aber der britische Komponist hat keine politische oder martialisch-militärische Musik geschrieben, sondern einen eindringlichen Appell vertont - einen Aufruf zur Humanität, zu grenzenloser Menschenliebe in düsterster Zeit. "A Child of our Time" entsprang der allgemeinen Situation in Europa vor dem 2. Weltkrieg. Aber es war für mich ein Europa, das sich durch seine Folterqualen bis nach Russland im Osten und sogar Amerika im Westen ausdehnte. So dass - nach viel Sucherei - der letztendliche Anstoß zur Komposition von einem besonderen politischen Ereignis kam", schreibt der Komponist rückblickend und fügt hinzu "obwohl ich allerdings von Anfang an wusste, dass das Werk selbst anonym und allgemeingültig sein musste, um in die tieferen Schichten unserer Menschlichkeit hineinzuwirken". Michael Tippett, A Child of our Time", Sonntag, 13. November, 18 Uhr, ehemalige Abteikirche St. Maximin in Trier. Mit den Solisten Julia Borchert, Sibylle Fischer, Helmut Wildhaber und Tobias Scharfenberger, dem Trierer Konzertchor und dem Philharmonischen Orchester Trier. Leitung: Manfred May. Karten in den Trierer Musikhäusern Kessler und Reisser sowie an der Theaterkasse.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Vom erwischt werden
Vinyl der Woche: Love Is A Wonderful Thing – Michael Bolton Vom erwischt werden
Aus dem Ressort