Höchste Gesangskultur

TRIER. (bre) Zur Einweihung des Neubaus der Bischöflichen Grundschule St. Paulin und der Domsingschule gab der Adolf-Fredriks-Mädchenchor aus Stockholm unter der Leitung von Bo Johansson ein Festkonzert im Dom. Die Zuhörer erlebten Chorgesang im Weltklasseformat.

Die Stockholmer Adolf-Fredriks-Schule mit ihrem chormusikalischen Förderschwerpunkt verfügt über sage und schreibe 18 Kinder- und Jugendchöre. Unter diesen nimmt der 1973 gegründete Mädchenchor mit seinen derzeit 40 jungen Sängerinnen eine Ausnahmestellung ein. Was Bo Johansson über die Jahre und Jahrzehnte mit diesem Ensemble erarbeitet und erreicht hat, ist selbst im chorisch gut versorgten Trier ohne Parallele. Eingeleitet wurde das Festkonzert mit einer Orgelimprovisation über eine Choralmelodie aus Schweden. Das Stück gab Domorganist Josef Still die Gelegenheit, alle Register seines Könnens und des herrlichen Instrumentes zu ziehen: von gewaltigen, brausenden bis zu zarten, lyrischen Klängen. Zur einstimmig gesungenen Choralmelodie trat dann der Mädchenchor ein und stellte sich im Altarraum auf. Schon dabei, und erst recht im ersten mehrstimmigen Stück, "Make a joyful noise" von Claus Vestergaard Jensen, demonstrierten die Gäste alle Merkmale ihrer überragenden Qualität: wunderbar klarer, transparenter und ausgewogener Klang, lupenreine Intonation, meisterhafte Atem- und Phrasierungskunst. Beeindruckend die strahlenden, nie forciert klingenden Soprane. Die weiteren Chorbeiträge stammten überwiegend ebenfalls aus der Feder schwedischer Komponisten. Es fällt schwer, aus einem Programm voller gesanglicher Höhepunkte einen herauszugreifen. Die Qualität von Musikern zeigt sich aber nicht zuletzt an vermeintlich einfachen Stücken, und ein solcher Kandidat war das wunderbare "Kyrie" von Hugo Hammarström. Der Mädchenchor sang übrigens die meisten Werke auswendig. Bei einigen Stücken wurde das Ensemble geteilt, rund zehn Sängerinnen stellten sich im Kirchenschiff auf und sangen von dort aus ganz ohne oder mit nur minimaler Zeichengebung des Dirigenten. Mit zwei weiteren Orgelwerken bewies Josef Still, dass sich scheinbar weit voneinander Entferntes, wie skandinavische und französische Musik, durchaus miteinander verträgt. Geradezu berauschend wirkte das virtuos drängende "Scherzo symphonique" von Pierre Cochereau. Spontanen Applaus für den Mädchenchor gab es nach dem Spiritual "Babylon's falling", zu dem die Sängerinnen rhythmisch mit den Fingern schnipsten. Und der Applaus am Ende zeugte noch einmal von der großen Begeisterung des Publikums, obwohl die beiden abschließenden Stücke der 1957 geborenen Karin Rehnqvist zu den schwierigeren des Abends gehörten.

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