Ins Blaue gemalt

TRIER. Frischluft für die Trierer Kunstszene. Im Trierer Theater haben Studenten der Saarbrücker Kunsthochschule sozusagen ins Blaue gemalt.

 Lustbetont und mopsfidel: "Blauer Mann" von Tanja Holzer-Scheer.Foto: Theatergalerie

Lustbetont und mopsfidel: "Blauer Mann" von Tanja Holzer-Scheer.Foto: Theatergalerie

Schon mal einen lustbetonten Mann gesehen? Derzeit springt einer im Trierer Theater durchs Bild. Und dazu leuchtet er noch in allen Farben des Regenbogens. Wenn da mal keine Freude aufkommen soll. Das farbig-fröhliche Energiebündel lässt Tanja Holzer-Scheer ins Blaue springen. Bei der jüngsten Theater-Galerie handelt es sich "um eine aufregende Affäre zwischen Malerei und Musik, bei der das Ende ungewiss ist", wie Bodo Baumgarten sagt. "Mit Pauken und Maltaschen" haben sich der Professor von der Saarbrücker Kunsthochschule und seine Schüler an die Mosel aufgemacht, um mal richtig Leben in die Bude zu bringen, pardon - ins Foyer und die Wandelgänge des Trierer Theaters. Was in jeder Beziehung gelungen ist. Herausgekommen ist nämlich beim spannenden Verwandlungsspiel der Saarländer eine bunte begehbare Plastik, die aus dem stillen blauen Raum einen herrlich klingenden Resonanzkörper für Auge und Ohr macht. Eine riesige Herausforderung sei der Umgang mit dem Blau gewesen, sagen die Saarbrücker. Jetzt ist der Raum bezwungen und das Blau als Bildverstärker verinnerlicht. Vielfarbig klingt es von den Wänden. Zarte Poesie mischt sich mit lautstarken, bisweilen theatralischen Klangakkorden. Feine Schwarz-Weiß-Zeichnung vermittelt zwischen konkurrierender malerischer Opulenz. Aus dem Sperrmüll wird ein Orchester

Von der Decke des Foyers schweben Baumgartens doppelseitige Aquarelle wie eine leichte Melodie durch den Raum. Und wer lange genug übt, der bringt mit dem hängende Seil das Orchester aus Sperrmüll richtig zum Klingen, inklusive der Missklänge, denn auch die gehören zum Gesamtklang von Kunst und Leben, wie Baumgarten bemerkt. Weshalb auch bei der Bildauswahl nichts geschönt wurde. Nicht als Premium-Produkte, sondern in der ganzen Breite ihrer künstlerischen Arbeit und Annäherung zeigen sich die Studenten. "Jeder konnte sich seinen Lieblingsplatz suchen, und im übrigen waren meine Schüler frei beim Gestalten der Wände", so Baumgarten. Über Vielseitigkeit Anlagen zu fördern, ist das Grundanliegen des Künstlers und Kunstpädagogen. "Jeder muss hart an sich arbeiten und durch ganz viele Sachen durch, um sich selbst zu erfahren. Nur so findet man zur eigenen Position." Wie hart der Weg zur eigenen Formensprache ist, zeigt nicht zuletzt die unterschiedliche Qualität der Arbeiten. Dass es spannend ist, sich selbst über die Kunst zu finden, beweist nicht nur Marisa Fila. Oben vor dem Fenster sitzt die Studentin auf dem Boden und versucht, mit dem Zeichenstift das sich ständig verändernde Nachmittagslicht ins Bild zu setzen. Allerhand Stationen hat sie schon hinter sich. Zunächst war sie Bildhauerin, jetzt hat sie sich der Malerei zugewandt. An der Wand hängen Arbeiten, von denen einige noch ganz ihrem Lehrer verpflichtet sind. Die glühende Kathedrale dagegen ist bei einem Studienaufenthalt in Salamanca entstanden. Luftsprünge sind ausdrücklich erwünscht

Zu den eindrucksvollsten Arbeiten gehören die abstrakten Bilder des Chinesen Yi Lü. Die poetischen Malereien orchestrieren gleichsam seine schwarz-weißen Akte dazwischen. Ins Auge fallen die Arbeiten von Nathalie Kolaric und Jörg Munz. Ganz delikat: die geistreichen Papierarbeiten von Vera Kattler. "Die Leute motivieren, ihren Horizont öffnen" will Bodo Baumgarten. Die Kunst habe dabei eine ganz wichtige Aufgabe. In Trier ist der Anfang dazu schon mal gemacht. Es wäre schön, wenn diesem ersten Schritt noch weitere Schritte folgten. Luftsprünge - wie die von Tanja Holzer-Scheer - sind dabei ausdrücklich erwünscht. Bis 16. Juli zu den Kassen- und Theateröffnungszeiten.

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