Investition in die Zukunft

Trier. Englische Fähnchen, ein kräftiges "Land of Hope and Glory" und drei ausgezeichnete Jugendensembles von den britischen Inseln prägten die 2nd Night of the Proms der Mosel Festwochen im Innenhof des k´Kurfürstlichen Palais. Viel fehlte nicht mehr, um mit der Begeisterung, die das englische Original kennzeichnet, gleich zu ziehen.

Jugendorchester in das Programm eines großen Festivals aufzunehmen, ist immer mit einem nicht unerheblichen Risiko verbunden. Ensembles, die heute noch einen brillanten Eindruck hinterlassen, können morgen schon, weil sich die Besetzung geändert hat, in die Durchschnittlichkeit abstürzen. Auch die Mosel Festwochen haben solche Klangkörper, die über das Bemühen um eine gute Interpretation ihres Programms nicht hinaus kamen, schon auf ihrer Bühne gehabt. Bühnenluft schnuppern können

Trotzdem geht Hermann Lewen dieses Wagnis immer wieder ein, gibt den jungen Leuten die Möglichkeit, Bühnenluft vor großem Publikum zu schnuppern. "Dort oben", so Lewen, "sitzen vielleicht die Musiker von morgen, für die wir heute eine Verantwortung tragen. Das ist eine Zukunftsinvestition, zu der wir Konzertveranstalter verpflichtet sind. Wir machen uns hier den Werbespruch eines Sponsoren zu Eigen und machen den jungen Leuten den Weg frei." Mit der "2nd Night of the Proms" im Innenhof des Kurfürstlichen Palais war der Intendant in diesem Jahr auf der sicheren, der gewinnbringenden Seite der Investitionen. Gleich drei Ensembles gestalteten einen Openair-Abend, der der Höhepunkt einer ganzen Serie von Konzerten unter dem Titel "Festival of British Youth Music" darstellte. Den Auftakt gestalteten das Youth Brass Ensemble und der Youth Choir aus dem in der Grafschaft Greater Manchester gelegenen Oldham. Das erste, was man den jungen Musikern bescheinigen muss, ist ein gesundes Selbstbewusstsein, mit dem sie auf der Bühne agierten. Sowohl die Bläsergruppe unter der Leitung von Roger Meaden als auch der Chor von Eileen Bentley zeigten von Anfang an, dass sie wussten, mit dem ausgewählten Programm umzugehen. Schon fast kernig erklangen Jeremiah Clarkes "Trumpet Voluntary" und Hernry Purcells "Trumpet Tune and Air" im akustisch exzellenten Innenhof. Mit erstaunlich sauberer Intonation präsentierten sich die jugendlichen Sänger, als sie etwa das berühmte "Greensleeves", den American Folk Song "Shenandoah" oder auch das Spiritual "Pick a Bale of Cotton" erklingen ließen. Die Art, wie sowohl Meaden als auch Bentley dafür sorgten, dass die musikalischen Aussagen mit dem jugendlichen Eifer ihrer Musiker zusammen geführt wurden, ergab einen ganz eigenen Reiz, dem man sich nicht verschließen konnte. Im zweiten Teil gehörte die Bühne ganz dem sinfonisch besetzten Warwickshire Youth Orchestra unter der Führung von Ray Hutchinson. Auch hier konnte die erstaunliche Sicherheit in technischer wie musikalischer Hinsicht überzeugen, mit der das Orchester eine Spannung aufbaute, die ein großes Finale zum Ziel hatte. Über Ralph Vaughan-Williams "Folk Song Suite", der "Masquerade" von Aram Khatchaturian und der "Farandole" aus Georges Bizets "L'Arlesienne" konnte dieser Abend nur auf ein Werk zusteuern, das zu einer Night of the Proms gehört wie das Amen zur Kirche: der March No. 1 aus Edward Elgars "Pomp and Circumstance". Insgesamt drei Mal erklang dieses berühmte Opus, in den Zugaben begleitet vom kräftigen Gesang des stehenden und mit englischen Fähnchen wedelnden Publikums. Mühelos hatten die jungen Künstler ihre Zuhörer für sich gewonnen. Ein großer britischer Abend für die drei Ensembles, das Publikum und auch für die Mosel Festwochen. Da bleibt nur noch ein kräftiges: Thanks a lot.

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