Kleine Wunder und große Fehlgriffe

Es war, als hätte Mozarts c-Moll-Klavierkonzert alle Energie der Interpreten an sich gerissen. Diese große Komposition gelang Lars Vogt und dem "Orchestre Philharmonique" unter Hans Graf eindrucksvoll. Bruckners "Sechste" dagegen enttäuschte in Luxemburg.

Trier. (mö) War das nicht zu vorsichtig, zu bedächtig, vielleicht sogar zu zäh? Nein, das "Orchestre Philharmonique" unter Hans Graf traf in der Orchestereinleitung zu Mozarts c-Moll-Klavierkonzert (KV 491) genau den Tonfall dieser Musik. Die Musiker und ihr Gastdirigent suchten im Sinfoniekonzert in Luxemburg nicht das aggressive Pathos, sondern zielten auf einen runden, gedeckten Klang, in dessen tragischer Energie die Trauer mitschwang. Und dann Lars Vogt. Dieser Kammermusiker unter den Konzertpianisten gibt dem Solopart von Anfang an Nachdenklichkeit und Intimität mit. Nichts in diesem Konzert klingt beiläufig-virtuos, inhaltsleer-verspielt, demonstrativ auftrumpfend. Lars Vogt bekundet höchste, sensibelste Achtsamkeit vor Mozarts Musik.

Und da geschieht ein kleines Wunder: In diesem Werk, in dem der Sinfoniker Mozart den komponierenden Pianisten zu überflügeln scheint, gelingt ein Miteinander, ein Sich-Ergänzen, wie es eindringlicher kaum sein könnte. Orchester und Solist nähern sich von unterschiedlichen Punkten und treffen zusammen. Und wohl jeder in der fast vollbesetzten Philharmonie wird gespürt haben: Mozart meint es ernst - für manche irritierend bitter ernst: Leiden und Leidenschaft. Ein wunderbares, ein tief bewegendes Hör-Erlebnis.

Dann Bruckners "Sechste" - und der Zauber verflog, der noch von Mozart nachklang. Orchestral und dirigentisch gelang die Realisierung der vielfältigen Partitur respektabel. Aber das Beste in dieser Sinfonie fehlte: ihr Feinsinn, ihr Zart-Geheimnisvolles. Mit Ausnahme des glänzend musizierten Trios nimmt Hans Graf die Tempi rasch - zu rasch, obwohl Bruckners Vorzeichnungen ("Maestoso", "Sehr feierlich", "Nicht schnell", "Bewegt, doch nicht schnell") geradezu beschwörend vor unbekümmerter Allegro-Mentalität warnen. Allzu oft gleiten Pianissimo-Partien zudem ins Mezzoforte ab und verlieren ihre meditative Kraft. So blieb vom Reichtum dieser Komposition nur die wuchtige Klanggestalt - ein Orchester-Glanzstück ohne Tiefe.

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