Krummstab und Becher für die letzte Reise

TRIER. Die Grabstätten der Trierer Bischöfe darzustellen, ist sicherlich eine reizvolle Aufgabe. Die Ausstellung im "Diözesanmuseum leidet allerdings in Teilen unter mangelnder Erläuterung der Exponate.

Wer im Museum die Bestattungskultur der Trierer Bischöfe dokumentieren will, hat ein Problem: Gräber lassen sich nämlich nicht transportieren und in einer Ausstellung aufbauen. Darum suchte Projektleiter Markus Groß-Morgen nach einer Alternative und fand sie bei den Grabbeigaben, der Dokumentation von Begräbnis-Zeremonien und transportablen Monumenten.Viele Exponate, wenige Erläuterungen

Da kommt es freilich zu Problemen mit der inhaltlichen Vermittlung. Die weitgehend unkommentierte Präsentation von Schnallen, Schuhen, Stoffresten, Krummstäben oder Trinkbechern bringt fürs Verständnis der Bestattungskultur mit all ihren zeitbedingten Veränderungen zu wenig mit. Sicherlich, es ist eindrucksvoll, 1000 Jahre alte Fragmente von Bischofsinsignien bewundern zu können. Allein die Sammlung von Grabbeigaben ist den Eintritt ins Museum wert. Und doch erschließt sich aus den Exponaten die Bestattungskultur über die Jahrhunderte hinweg nicht recht. Was, zum Beispiel, hat es zu bedeuten, dass den Bischöfen häufig Trinkgefäße mitgegeben wurden? Klingt da unausgesprochen die uralte Kultur der Grabbeigaben an? Hat man auch die Bischöfe mit Krummstab und Trinkbecher fit machen wollen für die letzte Reise? Was sagen die Grabinschriften aus? Ganz weltlich Verehrung des Verstorbenen oder, religiös, die Gewissheit der Auferstehung? Da bleiben noch Defizite in Darstellung und Aufbereitung. Anders steht es mit der Dokumentation zweier Begräbnis-Zeremonien. Ganz im Stil des "Ancien Régime" vor der französischen Revolution bei Johann Hugo von Orsbeck im Jahr 1715: aufwändig, mit großer Prozession vom Dom zum Moselufer und zurück, ausgedehnter, einstündiger Trauerrede, repräsentativer Aufbahrung (die selbstverständlich im Ölbild festgehalten wurde). Schlichter, aber immer noch eindrucksvoll, das Begräbnis von Wilhelm Arnoldi im Jahr 1864. Die Bestattung im Dom war gerade wieder zugelassen worden. Die Stadt und mit ihr die nicht gerade kirchenfreundliche preußische Verwaltung hatten die religiöse Bedeutung der Angelegenheit erkannt und für zwei Tage alle Lustbarkeiten verboten. Schließlich vermitteln auch die Grabmäler der Trierer Bischöfe, die im letzten Teil der Ausstellung zu sehen sind, etwas von der Grabkultur der Vergangenheit - und sei es auch nur die alte Einsicht, dass der Tote um so prunkvoller beigesetzt wird, je mächtiger er im Leben war. Am Schluss des Rundgangs steht, ein wenig unvermittelt, eine Reihe von Tafeln mit Texten zu Tod und Sterben. Damit öffnet sich die Schau von der Präsentation archäologischen Wissens hin zum allgemeinen, heute viel beredeten und doch vergessenen "Memento mori" - "Gedenke, dass du sterben musst". Die eigentümliche Gleichzeitigkeit von verdrängtem Tod im modernen Leben und vielfachem Sterben in den Medien wäre eine eigene Ausstellung wert.Der Bischof als zerfressener Kadaver

Im Diözesanmuseum spiegelt am eindringlichsten das Grabmal des Jacob von Sierck (Bischof von 1439-1456) die Mahnung, der eigenen Vergänglichkeit innezuwerden. Der Bischof hatte im Testament verfügt, man möge ihn auf zwei Ebenen darstellen. Oben stattlich, im Amtsornat und mit betenden Händen. Unten als Kadaver, verwest und von den Mäusen angefressen. Dass der unter Teil des Grabmals verloren ging, zeigt wohl: Auch in früheren Zeiten dachte man nur ungern ans eigene Ende. "Zu ewigem Gedächtnis und Lob". Die Grabstätten der Trierer Bischöfe in Dom und Liebfrauen. Bis 28. November im Dom- und Diözesanmuseum, Windstraße. Begleitheft 7,50 Euro. Zur Ausstellung findet eine Vortragsreihe statt (Termine: 28. September, 12. Oktober, 9. und 23. November).

Meistgelesen
Neueste Artikel
Vom erwischt werden
Vom erwischt werden
Vinyl der Woche: Love Is A Wonderful Thing – Michael BoltonVom erwischt werden
Zum Thema
Aus dem Ressort