Mit Selbstironie gegen Vorurteile

Trier · Mit seinem Programm "Der bewegte Muselmann" hat Kabarettist und Schauspieler Özgür Cebe in der Trierer Tuchfabrik einen wunderbar humorvollen und dialogfördernden Beitrag zur aktuellen Diskussion um Islamfeindlichkeit geliefert. Am Beispiel seiner eigenen Person brachte er abgrenzende Kulturklischees überzeugend ins Wanken.

Trier. Wer mit der Neugier in die Tuchfabrik gekommen ist, wie ein Kabarettist mit türkisch klingendem Namen wohl der aktuellen Debatte um Fremdenfeindlichkeit begegnet, wird gleich mit einer sehr anregenden Offensive empfangen. In seinem Auftaktlied benennt Özgür Cebe - bekannt aus der Fernsehsendung "Baustelle Deutschland" mit Jürgen Becker oder als Partner von Kaya Yanar in "Was guckst Du?" - treffsicher das Kernproblem: "Sie leben schon so lange mitten unter uns, aber wir kennen sie nicht." Der Witz am Text ist, dass er beide meint, die Mitbürger, die Achmed oder Ayshe heißen, aber auch die, die so schön deutsch Chantal oder Kevin benannt sind.
Es ist ein Lied, das mit Klischees spielt, um diese Klischees zu widerlegen. Denn in den Vorurteilen sieht Cebe die Wurzel allen Unverständnisses: "Pegida, das sind doch Leute, die sich vor Klischees fürchten", sagt er. Und dann nimmt der mit Spontaneität, Eloquenz und Charme glänzende Comedian in einem so tempo- wie pointenreichen verbalen Parforceritt Vorurteile aufs Korn.
Die idealen Voraussetzungen, dabei nach allen Seiten auszuteilen, liefern ihm die eigene Person und Biografie, über die er mit viel Selbstironie erzählt. Özgür Cebe, 1974 in Bielefeld geboren, ist deutscher Staatsbürger, der sich, wie er betont, mit Deutschland identifiziert. Sein Vater war überzeugter Sozialist, seine Mutter Sozialpädagogin, er selbst hat die Waldorfschule besucht.
Durch seinen Namen und sein südländisches Äußeres begegnet er aber immer wieder Ressentiments. Zum Wohnungsbesichtigungstermin eines deutschen Vermieters beispielsweise wurde er erst eingeladen, als er sich am Telefon mit "Müller" statt wie vorher mit "Cebe" vorstellte. Die Pointe: Bei einem türkischen Vermieter sei diese Strategie nach hinten losgegangen ...
Aus seiner Jugend kennt er auch die Situation ghettoisierter Migranten. Aus dieser Warte beleuchtet er, wie der Status "Ausländer" gegenüber den immer noch in Schuldkomplexen verhafteten Deutschen durchaus vorteilhaft ausgeschlachtet werden kann. Eine schlechte Schulnote, kommentiert mit "nur weil ich Ausländer bin", wurde zuweilen nach oben korrigiert.
Keine Türken-Comedy


Cebe will, so betont er immer wieder, keine Türken- oder Ethno-Comedy machen, sondern gesellschaftskritisches Kabarett. Einen zum Brüllen komischen Ausflug in dieses Metier gönnt er seinem Publikum aber doch, mit seiner Kunstfigur, dem an James Bond angelehnten coolen Macho-Kaufhausdetektiv Cem Bünd.
Am Schluss aber bleibt viel Nachdenkenswertes. Cebe hat den Schlüssel zu gegenseitiger Akzeptanz und Toleranz geliefert, mit seinem Grundverständnis: "Für mich gibt es nur Menschen, keine Rassen" und dem Appell an alle: "Lernt euch kennen!". ae

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