Noch ist die Ehe nicht vollzogen

TRIER. Der Marathon-Auswahlprozess für einen neuen Intendanten des Trierer Theaters geht in die Endphase. Heute wird der Wunschkandidat von Verwaltung und Fraktionen, der Hannoveraner Intendant Gerhard Weber, zu letzten Gesprächen in Trier erwartet.

 Das Theater der Stadt Trier - bald Gerhard Webers neue Wirkungsstätte? TV -Archiv-Foto: Josef Tietzen

Das Theater der Stadt Trier - bald Gerhard Webers neue Wirkungsstätte? TV -Archiv-Foto: Josef Tietzen

Biszuletzt hatte sich Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink bemüht, denVorschlag geheim zu halten. Als gestern die DeutschePresse-Agentur im Rathaus nachfragte, ließ er ausrichten, nochsei nichts entschieden. Das ist zur Hälfte richtig, zur Hälfte nicht. Denn die Findungskommission des Stadtrates hatte schon Anfang der Woche deutlich gesagt, wen sie am liebsten hätte: den 53-jährigen, erfahrenen Theatermann Weber, der lange Jahre Schauspielchef in Saarbrücken war und seit 1998 die kleine, regional ausgerichtete Schauspielbühne des Landestheaters Hannover aus fast aussichtsloser Schieflage in einen sicheren Hafen geführt hat.

Aber noch ist die Ehe nicht vollzogen, der Vertrag mit Gerhard Weber längst nicht unter Dach und Fach - und nun ist die Stadt in der misslichen Situation, dass ein Name auf dem Markt ist, bevor die Bedingungen geklärt sind. Das stärkt die Position des Bewerbers, und es dürfte angesichts der schwierigen Situation des Trierer Theaters einiges zu klären geben, was das Kleingedruckte eines Intendantenvertrages angeht.

Fast 50 Interessenten hatten sich bis Ende letzten Jahres um die Stelle beworben, die im Sommer 2004 mit dem Ruhestand von Heinz Lukas-Kindermann frei wird - darunter hoch gehandelte Regisseure und manch schillernde Persönlichkeit. In die Endauswahl der städtischen Findungskommission kamen aber drei Bewerber, die sich gegenüber der Konkurrenz vor allem durch eines auszeichneten: mehrjährige Berufserfahrung als Intendant an anderen Häusern.

Dass Weber dabei klar das Rennen machte, liegt dem Vernehmen nach weniger an inhaltlichen Konzepten als am persönlichen Eindruck, den der einstige Peymann-Mitarbeiter hinterließ. Er sei ein Ensemble-Mann, pflege und fördere die hauseigenen Künstler, halte die Truppe zusammen, schrieb die Saarbrücker Zeitung schon 1998 bei seinem Abschied aus der Saar-Hauptstadt. "Ein Temperamentsbündel, unkompliziert, fröhlich, seine Inszenierungen manchmal übertourig, immer mit Dampf und Druck", heißt es weiter. Als Intendant in Hannover musste er mit schwierigen finanziellen Verhältnissen umgehen lernen, langfristig planen, ein Konzept entwickeln, das die Kleinstädte in der niedersächsischen Provinz einbezog. Es gab Projekte in Zusammenarbeit mit Schülern und Studenten - und rundherum gute Kritiken für die Basis-Arbeit des Hauses vor Ort.

Künstlerisch Spektakuläres war weniger zu vermelden, dafür hört man aus dem Umfeld des Hauses nur Positives über das diplomatische Geschick und die Umgangsformen des Intendanten. "Umstritten war er nie", hieß es auch seinerzeit in der Bilanz seiner Saarbrücker Zeit.

Gerhard Weber hält sich mit Erklärungen zurück. Dass er das Drei-Sparten-Theater in Trier für eine "große Herausforderung" hält und sich über einen Vertragsabschluss "freuen würde" - so viel immerhin lässt er sich entlocken. Und dass er sich nach seinen sieben Saarbrücker Jahren ein Faible für den Südwesten der Republik bewahrt hat.

Aber bevor dieses Faible zum Tragen kommt, stehen heute Vertragsgespräche an. Einen erfolgreichen Abschluss vorausgesetzt, stünden als nächste Hürden die nicht-öffentlichen Sitzungen des Kultur- und des Steuerungsausschusses an. Sind auch diese Hindernisse überwunden, hat der Stadtrat das letzte Wort: Am 22. Mai könnte die Kindermann-Nachfolge dann endgültig entschieden werden.

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