Orchester auf Hochtouren

TRIER. Nicht enden wollender Applaus beschloss das zweite Sinfoniekonzert des Städtischen Orchesters - eine hochverdiente Anerkennung für die Leistung von Musiker und Kapellmeister Andreas Henning.

Es ist nichts Außergewöhnliches, wenn ein Sinfonieorchester die zweite Sinfonie von Ludwig van Beethoven auf sein Programm setzt. Eher möchte man das Opus 36 als ein normales Repertoirestück bezeichnen, das sich ganz gut hören lässt, aber nicht unbedingt den großen Aha-Effekt verspricht. Was war also anders, beim letzten Sinfoniekonzert des Trierer Städtischen Orchesters. Der Applaus am Ende des Abends wollte einfach nicht aufhören, immer wieder musste Andreas Henning, erster Kapellmeister und Stellvertreter von Generalmusikdirektor István Dénes, der dieses Mal am Pult stand, auf die Bühne kommen.Kein Entkommen vor der Spannung

Henning schaffte es, der Sinfonie eine Spannung zu verleihen, der das Publikum nicht entfliehen konnte. Nichts war zu spüren von Charakterisierungen wie "zu lang", "überkünstlich", "schwierig", mit denen Beethovens Zeitgenossen das Werk ablehnten. Henning hatte offensichtlich ein Konzept, mit dem er die D-Dur Sinfonie anging und sie aus einem Guss, ohne falsches Pathos erscheinen ließ. Kurzweil prägte seine Interpretation.Nun nützt das beste Konzept eines Dirigenten nichts, wenn die Musiker nicht mitmachen. Dann kann er sich abstrampeln, wie er will, es kommt nichts hinüber zum Publikum. Diese Probleme hatte Henning, ein wichtiger Faktor für das Gelingen des Abends, nicht. Das Trierer Orchester folgte seinem klaren und unmissverständlichen Dirigat ohne die geringste Verzögerung. Mehr noch. Henning brauchte sich nicht um jede Kleinigkeit zu kümmern, sondern konnte seine Gesamtvorstellung der Sinfonie deutlich machen, die von den Musikern mit Leben erfüllt wurde. Optimale Zusammenarbeit, wie sie sein sollte. Das Ergebnis: ein sinfonisches Gemälde in kräftigen Farben.Umschalten von Schnelligkeit auf Lyrik

Auf diesem Niveau hatte das Konzert auch schon begonnen. Arthur Honeggers "Pacifik 231", die Musik gewordene Beschreibung einer Fahrt des Komponisten auf einer Schnellzug-Lokomotive, vermittelte dem Publikum das Gefühl, bei Tempo 120 mit auf dem Führerstand des 300 Tonnen Kolosses zu stehen. Bis in die letzte Reihe des Theaters war die Freude an der zunehmenden Geschwindigkeit, an der Begeisterung des Komponisten für die Technik zu spüren. Genau wie bei dem gigantischen Stahlross griffen auch beim Orchester die Zahnräder ineinander und setzten sich in Bewegung.Fast schon erschwerte Voraussetzungen für Ithay Khen, dem Solisten des Abends, der mit Eduard Lalos Konzert für Violoncello und Orchester für sich gewinnen wollte. Man musste schon gewaltig umschalten, um den Umstieg von Honeggers Dynamik in die lyrisch-beschauliche Welt Lalos zu schaffen. Allzu glücklich konnte man die Programmzusammenstellung an dieser Stelle nicht nennen.Wer sich aber darauf einließ, konnte einen einfühlsamen Solisten erleben, der sein Instrument beherrschte. Sollten es bei Beethoven die kräftigen Farben werden, so dominierten hier die sanften Pastelltöne, geprägt von Anmut und Leichtigkeit. Wer sich aus der schwindelerregenden Schnellzugfahrt befreien konnte, erlebte einen Solisten, der mit tiefem Ernst den Gedanken Lalos nachspürte und sie besonders im zweiten Satz auf kantable und manches mal auch elegische Art zum Klingen brachte.

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