Raubein und Diplomat

SAARBRÜCKEN. Sie sind die Köpfe von Electricity: Konzert-Veranstalter Roland Brycz und Regierungs-Pressemann Peter Meyer. Ein ungleiches Duo, doch eine untrennbare Einheit.

Mainzer Straße Nr. 1, Hinterhof-Eingang, knorrige Holzstiegen. "Komm rein, setz dich. Will'schde en Kaffee?" Stämmig steht Roland Brycz an der Tür; Lederjacke, kurzgeschorenes Haar, Ring im linken Ohr. Ein Relikt aus seiner wilden Zeit als Rocker, in der er nächtelang mit irgendwelchen Bands rumhing. Lange vorbei- es geht gemütlich zu bei "Splitter Promotions". Topfpflanzen und Frauenplakate wie in jeder WG, sogar Heidi Klum grüßt mit Widmung von der Wand: "Enjoy your summer. Heidi". Verhandlungen mit allürenhaften Bands, Organisation von Shuttle-Bussen, Hotelzimmer-Reservierung - Brycz hält all diese Fäden in der Hand, zusammen mit sieben Mitarbeitern."Electricity frisst 99 Prozent meiner Zeit", klagt der Saarbrücker. Doch für den "Musik-Junkie" Brycz ist das Festival wie eine lebenswichtige Droge. Es klingelt. Peter Meyer stürmt herein, zu einem der fast täglichen Treffen mit Brycz. Sprecher des saarländischen Innenministeriums ist der musikbegeisterte 35-Jährige im Hauptberuf, die Arbeit fürs Festival macht er in seiner Freizeit. Meyer trägt einen schwarzen Cord-Zweireiher; graue, kurze Haare, Typ seriöser Geschäftsmann.Sehr unterschiedlich sind die beiden Electricity-Macher, die sich Ende der 80er Jahre bei einem Konzert in Saarbrücken kennenlernten. Wenn Brycz das Herz des Electricity-Festivals ist, dann ist Meyer dessen Kopf. Während der diplomatische Medienmensch sich als Bindeglied zur Politik um Sponsoren und Pressetermine kümmert, ist Brycz, der kantigere der beiden, für die Auswahl der Bands und den Kontakt mit den Musikern zuständig. Schon über 15 Jahre sind die beiden befreundet. Schon mindestens 15 Mal hätten sie sich "scheiden lassen" - und doch immer wieder zusammengefunden.Mit 15 000 Euro hat das Land in diesem Jahr die Veranstaltung bezuschusst, gewährt von einer schwarzen Regierung für ein Festival, das ein CDU-Mann initiiert hat. 5000 Euro gibt die Stadt Saarbrücken, bis vor kurzem regiert von einer schwarz-grünen Koalition. Doch ein Schelm, wer Böses dabei denkt: "Mir ist sehr wichtig, mit dem Festival keine Parteipolitik zu machen", sagt Meyer entschieden. Und Brycz erklärt in seiner entwaffnend offenen Art, natürlich habe Peter Meyer bei seinen Kollegen von der Regierung für "sein" Festival geworben; ohne ihn sei die Unterstützung der Politik wohl kaum zu haben gewesen. Aber: "Andere Festivals im Land bekommen viel mehr Geld."Das "Electricity"-Festival findet bis Sonntag, 9. November, an verschiedenen Plätzen in Saarbrücken, St.Ingbert und Völklingen statt. Informationen und Karten gibt es im Internet unter www.electricity-festival.de.

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