Spontaner Promibesuch für die Trierer Theater-Baustelle

Trier · Kulturminister macht sich ein Bild vom Zustand hinter den Kulissen - Sanierung soll im Idealfall 2019 beginnen

 Theatergespräche: Triers Kulturdezernent Thomas Schmitt (CDU), SPD-Generalsekretärin Katarina Barley und Kulturminister Konrad Wolf, Herbert Müller, Theater-Verwaltungsdirektor, und Generalmusikdirektor Victor Puhl (von links). TV-Foto: Friedemann Vetter

Theatergespräche: Triers Kulturdezernent Thomas Schmitt (CDU), SPD-Generalsekretärin Katarina Barley und Kulturminister Konrad Wolf, Herbert Müller, Theater-Verwaltungsdirektor, und Generalmusikdirektor Victor Puhl (von links). TV-Foto: Friedemann Vetter

Foto: Friedemann Vetter (ClickMe)

In dem dunklen Gang riecht es nach Maschinenöl und Abfluss. Reste von Farbe, die zwischen Löchern und Rissen erhalten blieben, lassen erahnen, dass der Betonboden, auf dem die Gruppe steht, einst weiß war. "Das ist die Schlosserei", sagt Peter Müller, technischer Leiter des Trierer Theaters, und weist in einen Raum, der kleiner ist als viele Hobbykeller. Deshalb stehen Metallsäge und -bohrer auch im Flur. "Und das sind die Toiletten für die Besucher der Studiobühne."

"Oh", entgegnet Konrad Wolf (SPD), Kulturminister des Landes Rheinland-Pfalz, und wirft einen skeptischen Blick in die schon von weitem zu riechende Lokalität, die aussieht, als wäre dort seit 1964 nichts passiert. So wie der Rest des Trierer Theaters, über dessen Sanierung bereits seit Jahren ergebnislos debattiert wird.

Katarina Barley, Bundestagsabgeordnete und SPD-Generalsekretärin, hat Wolf es zu verdanken, diesen Ort zum ersten Mal zu sehen. Spontan hat sie am Mittwoch entschieden, dem Minister ihr Heimat-Theater zu zeigen, um dem schwierigen Sanierungsthema "ein wenig Wums" zu verleihen. Im Vorfeld der Bundestagswahl mag das nach Wahlkampf riechen. Doch kann das Haus ein wenig Wums zweifellos gebrauchen. Das heißt konkret: Für die Sanierung braucht Trier dringend Geld aus Mainz. Und zwar so viel wie möglich. Die Stadt ist hoch verschuldet. Zwar stellt Wolfs Kulturministerium die Mittel für Bauarbeiten nicht bereit (das tut das Bauministerium), aber: "Wir legen die Prioritäten fest", sagt Wolf.

Und deshalb wird auch Triers neuer Kulturdezernent Thomas Schmitt (CDU) bei dem Rundgang nicht müde, den Minister über die Probleme des Mehrspartenhauses zu informieren. Schmitt verfolgt das Ziel, die Sanierungsplanung 2017 und 2018 so weit voranzubringen, dass "wenn es ganz otpimal läuft", 2019 mit den Arbeiten begonnen werden kann.

Zuvor müsste sich der Stadtrat noch für eine Sanierungsvariante mit oder ohne Anbau und Zweitstandort entscheiden. Und bevor der Architektenwettbewerb ausgeschrieben werden kann, muss feststehen, wie viel Geld aus Mainz fließt. So kann sich der Minister trotz des Spontanbesuchs über viele Begleiter freuen: Auch Verwaltungsdirektor Herbert Müller und Generalmusikdirektor Victor Puhl sind mit von der Partie, die vom zugigen (und laut Gutachten abrissreifen) Foyer ins Herz des Theaters führt.

Auf der Bühne werden Teppiche eingerollt und bunt bemalte Bühnenbilder beiseite geschoben. "Achtung, es dreht", ruft einer der Männer, und ein Teil der Bühne beginnt zu rotieren. Mit 20 mal 19 Metern ist sie riesig und hat viele Funktionen. Allerdings sind Licht und Ton völlig veraltet, ebenso wie die Steuerungstechnik. Wenig später steht Wolf, der Professor für mikroelektronische Bauelemente war, ehe er Hochschulpräsident und Kulturminister wurde, vor einem rot-blauen großknopfigen Steuerpult, das seine beste Zeit seit Jahrzehnten hinter sich hat. "Da sind noch gar keine Mikrochips drin, sondern Spulen", sagt er. Dennoch wird das Pult immer wieder repariert - auch, wenn Peter Müller fürchtet, dass die Sicherheit dadurch nicht steigt.

Durch verschlungene Gänge voll unverkleideter Rohre geht es zur Probebühne, die so klein ist, dass Tänzer dort nach ein paar Schritten vor der nächsten Wand stehen. Früher probte in dem kleinen Raum das ganze Orchester. "Die Musiker haben hier Gehörschäden bekommen", sagt Puhl.
Architekten bescheinigen dem Haus einen "erheblichen Sanierungsstau" sowie "akute Probleme im Bereich Brandschutz, Barrierefreiheit und der Haus- und Bühnentechnik". Fast jedes WC, Wasserrohr und Fenster, Fußböden und Decken sind auszutauschen. Energetisch entspricht das Haus seinem Baujahr 1964 - kein Zentimeter Dach, Fassade oder Glasfront würde bei einer Sanierung bleiben, wie er ist. Die einzige gute Nachricht ist: Die Baukonstruktion ist stabil und lässt sich sanieren.

Und welchen Eindruck hat Minister Wolf? "Ich bin froh, dass das Theater wieder auf einem guten Weg ist", sagt er im Hinblick auf die überstandenen Turbulenzen. Kultur sei dem Land sehr wichtig. Daher unterstütze es das Haus jährlich mit rund sechs Millionen Euro. Eine Förderzusage macht Wolf natürlich noch nicht. Ob "ein wenig Wums" wirkt, wird sich zeigen.Extra: SANIERUNG


Der ursprünglich geplante Theaterneubau ist kein Thema mehr - mit 75,5 bis 111 Millionen Euro würde er viel zu teuer. Die Frage der Sanierung wurde wegen der vielen Turbulenzen und Personalwechsel am Theater und im Kulturdezernat verschoben. Eine Studie hatte im September 2016 gezeigt, dass eine reine Sanierung mindestens 31 Millionen Euro kosten würde, mit nötigem Anbau wären es je nach Variante zwischen 41 und 63 Millionen Euro. Als Lösung gilt inzwischen ein modulhaftes Vorgehen.

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