Spurensuche im düsteren Barcelona

Zurück im düsteren Barcelona der 1950er Jahre kann Autor Carlos Ruiz Zafón seine erfolgreiche Buchreihe um den Friedhof der vergessenen Bücher abschließen. In "Das Labyrinth der Lichter" lässt Zafón seine persönliche Lieblingsfigur auftreten, die geheimnisvolle Alicia, die in ihre Heimatstadt zurückkehrt.

Spurensuche im düsteren Barcelona
Foto: (g_kultur

Carlos Ruiz Zafón hat mit "Das Labyrinth der Lichter" seinen Romanzyklus um den Friedhof der vergessenen Bücher abgeschlossen. In seinem vierten Buch kehrt er auf mehr als 900 Seiten wieder zurück ins düstere Barcelona der späten 1950er Jahre. Dort hatte auch sein Welterfolg "Der Schatten des Windes" schon gespielt.Um es gleich vorwegzunehmen: Auch ohne die drei Vorgänger zu kennen, kann man der Geschichte gut folgen. Für Kenner gibt es ein Wiedersehen mit allen aus den anderen Büchern bekannten Personen, die Zafón in Vor- und Rückblenden wieder aufleben lässt. Doch für sein finales Werk hat sich der Autor eine neue Hauptperson ausgedacht: Alicia Gris. "Sie ist meine Lieblingsfigur, auch wenn sie etwas länger hinter den Kulissen warten musste und erst im letzten Band auftaucht", verrät der Autor in einem Interview. "Sie hatte schwarzes Haar und blasse, für kalte Sonnen und Innenräume bestimmte Haut. Ihre grünlichen Augen konnten sich wie Stecknadeln auf ihren Gegenstand heften, um von ihrem zerbrechlichen, aber schwer zu übersehenden Körper abzulenken …" Die junge, geheimnisvolle Frau kehrt in ihre Heimatstadt zurück, um das Verschwinden des Kulturministers Mauricio Valls aufzuklären. Doch der Auftrag der Geheimpolizistin ist gefährlich. Denn dunkle Mächte sind nicht daran interessiert, dass Valls gefunden wird.Sie wird beschattet und bekommt zu ihrem Schutz - oder, wie sie vermutet, zur Kontrolle - den ehemaligen Polizisten Vargas an die Seite gestellt. Das erweist sich als Glücksfall, denn die Einzelgängerin Alicia wurde im Bürgerkrieg bei der Bombardierung Barcelonas schwer an der Hüfte verwundet und kommt nur noch mit Hilfe von starken Schmerzmitteln und Weißwein durch den Tag. Da sie früh beide Eltern verlor, nimmt sich der zwielichtige Geheimdienstchef Leandro ihrer an und formt sie zu seiner Meisteragentin. Der Roman spielt zur Zeit der Franco-Diktatur, in der es grausam zuging. Es wird gedroht, verfolgt, gefoltert und gemordet. Die Geschichte ist düster, geheimnisvoll und trotz einiger Längen, wenn Zafón zum Teil etwas ausschweifend alte Handlungsstränge aus früheren Romanen aufgreift, spannend wie ein guter Thriller. Es gibt auch ein Wiedersehen mit der traditionsreichen Buchhändlerfamilie Sempere und dem Friedhof der vergessenen Bücher, ein Zufluchtsort, der Alicia Gris zweimal das Leben rettet. Ein starke Heldin, die gleichzeitig eiskalt und zerbrechlich wirkt. Mit ihr hat Zafón eine faszinierende Persönlichkeit geschaffen. Und zum Schluss wird Barcelona heller: Franco stirbt. Und ein mutiger Journalist traut sich Anfang der 80er Jahre, eine Artikelserie über einen unglaublichen Skandal um Minister Valls zu veröffentlichen. Stefanie GlandienCarlos Ruiz Zafón: Labyrinth der Lichter, Verlag S. Fischer, 944 Seiten, 25 Euro.Aufgeschlagen - Neue Bücher

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