Tödliche Liebe im Land der aufgehenden Sonne

An die ganz großen Gefühle wagt sich dieses Jahr die Merziger Zeltoper. Unter dem weißen Dach wird die tragische Liebes-Geschichte von Madame Butterfly erzählt. Und das Publikum rennt den Machern schon zwei Wochen vor der Premiere die Bude ein.

 Trügerische Idylle: Der euphorischen Hochzeitsnacht von Cio-Cio San (Hye-Sung Na) und Pinkerton (Timothy Richards) folgt bald das böse Erwachen. Foto: Musik-Theater Saar

Trügerische Idylle: Der euphorischen Hochzeitsnacht von Cio-Cio San (Hye-Sung Na) und Pinkerton (Timothy Richards) folgt bald das böse Erwachen. Foto: Musik-Theater Saar

Merzig. Es gab ja schon so einiges an Bühnenbild im Opernzelt: Die Yacht für "Figaros Hochzeit", das Fischernetz bei "Rheingold", das Schlachtfeld im "Freischütz", die Las-Vegas-Skyline für "La Traviata" oder die Alpen-Landschaft für "Così fan tutte". Aber ein japanischer Steingarten mit Wasserkanälen und Teehaus: Das ist eine neue Herausforderung. Nicht nur für Ausstatter Markus Maas, sondern auch für Festival-Chef Joachim Arnold, der sein Budget mit den Ideen von Regisseur und Bühnenbildner unter einen Hut bringen muss.

Immerhin 20 000 Euro steckt er in die Bauten der Produktion - mehr als etwa einem kleinen Theater wie Trier für eine Inszenierung zur Verfügung steht, aber trotzdem nicht viel angesichts der komplizierten Bedingungen im Zelt.

Merzig ist nach wie vor kein großflächig öffentlich subventioniertes Staatstheater, sondern Privat-Initiative. Da tut es gut, wenn man schon zwei Wochen vor der Premiere eine Zusatz-Vorstellung anberaumen "muss", weil die Kartennachfrage so groß ist.

Das mag am populären Japan-Drama liegen, Puccinis weltweit am häufigsten gespieltes Werk. Die todbringende Liebe der Geisha Cio-Cio San zum amerikanischen Leutnant Pinkerton treibt selbst hartgesottensten Opern-Skeptikern Tränen der Rührung auf die Wangen. Gleichzeitig liefert sie aber unendlich viele Möglichkeiten der intellektuellen Interpretation und kann so Kopf- und Bauchmenschen gleichermaßen zufriedenstellen.

Aber Joachim Arnold liefert noch mehr gute Gründe für den Run auf seine Tickets. Da ist das Zelt-Debüt von Regisseur An dreas Gergen, einem saarländischen Eigengewächs (er assistierte schon in den 90ern im Opernzelt) , das mit gerade mal 36 Jahren bereits eine außergewöhnliche Karriere aufweist. Gelernter Schauspieler, mit 30 Chef des Schlosspark-Theaters Berlin, einer der profiliertesten Musical-Regisseure im deutschsprachigen Raum, "nebenbei" lange Fernsehsohn von Gerd Dudenhöfer in der "Familie Heinz Becker", euphorisch gefeiert für sein Opern-Debüt mit der "Zauberflöte" im Staatstheater Saarbrücken.

Psychologische Feinarbeit eines Kammerspiels



Was er im nüchternen Proben-Ambiente mit seinen Akteuren erarbeitet, sieht weniger nach interpretatorischen Regie-Exzessen aus, eher nach der psychologischen Feinarbeit eines Kammerspiels. Das lässt sich gut machen, wenn man Sänger hat wie Timothy Richards, in Berlin längst als Shooting-Star am Tenorhimmel gefeiert und im letzten Jahr als Tosca-"Cavaradossi" eine Wucht. Oder die Koreanerin Hye-Sung Na, eine sehr authentisch wirkende Butterfly, die in dieser Rolle frisch von der Musikhochschule weg über Nacht als Einspringerin in Heidelberg Furore machte.

Arnolds exzellentes "Type Casting", also die passgenaue Besetzung der Rollen, ist eines der Kennzeichen der Zeltoper, die heuer ihren 15. Geburtstag feiert. Zum kleinen Jubiläum greift der Chef persönlich zum Dirigentenstab und leitet das Bolschoi-Orchester Minsk.

Joachim Arnold hat inzwischen "neben" seinem Merziger Engagement Karriere gemacht, ist Marketing-Chef der Züricher Oper unter Intendant Alexander Pereira, der bald die Salzburger Festspiele übernimmt. Zwischendurch erklimmt der gelernte Dirigent, wenn die Zeit es zulässt, immer wieder gerne das Pult, wie etwa bei den Heidenheimer Schlossfestspielen.

Aber der Spätsommer gehört traditionell der Oper im Zelt, die längst ihr Stammpublikum gefunden hat. Auch in der benachbarten Region Trier.

Für die Premiere am 28. August sowie die regulären Vorstellungen am 30. August, 2., 4., und 5. September gibt es noch Restkarten, aber nicht mehr in allen Kategorien. Die Zusatz-Vorstellung am 29. August ab jetzt im Vorverkauf. Info: www.musik-theater.de. Tickets auch in den TV-Servicecentern Trier, Wittlich, Bitburg oder Hotline 0651/7199-996.

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