Tempo ist nicht alles

TRIER. (gkl) Fast auf den Tag genau drei Jahre ist es her, dass in der Pfalzeler Stiftskirche die neue Metzler-Orgel ihrer Bestimmung übergeben wurde. Aus diesem Anlass lud der Orgelbauverein den 17-jährigen Felix Hell ein.

Was die Zuhörer erleben konnten, war eine sehr beeindruckende Demonstration der über alle Maßen halsbrecherischen Technik des jungen Felix Hell, der sein Programm ausnahmslos mit sehr anspruchsvollen Werken der Orgelliteratur gespickt hatte. So fanden sich Johann Sebastian Bachs Präludium und Fuge Es-Dur, BWV 552, und die erste Triosonate, BWV 525, darauf Marcel Duprés Präludium und Fuge H-Dur oder Wolfgang Amadeus Mozarts Fantasie f-Moll, KV 608. Mit welcher Geschwindigkeit Hell über die Tastenbelege der Orgel raste, zeigt schon die Tatsache, dass er sein Programm, das nach einschlägigen Musikführern eine reine Musikzeit von 83 Minuten auswies, inklusive der Pausen nach 80 Minuten erledigt hatte. Es stellt sich aber die Frage, ob Geschwindigkeit alles ist. In Pfalzel jedenfalls blieben zwei Aspekte sträflich auf der Strecke: die Inhalte der Musik und die klanglichen Reize der Orgel, um die es ja gerade bei dieser Gelegenheit auch ging. Hell wusste mit der sehr diffizilen, aber klanglich überaus reizvollen Windanlage überhaupt nicht umzugehen. Ebensowenig machte er von den klanglichen Möglichkeiten des Instrumentes Gebrauch. Es ging ihm offensichtlich um die Präsentation seiner Person und seines Könnens. An dem aber fehlt in musikalischer Hinsicht vieles. Wo war das von Dupré verarbeitete Carrilon, wo die ehrfürchtige Verneigung Bachs vor der Dreifaltigkeit? Natürlich darf man das Alter Hells nicht außer Acht lassen. Wer sich aber so vermarktet wie er (oder wird er vermarktet?) und sich dermaßen stark seiner 300 Konzerte in aller Welt rühmt, reiht sich selbst in die Klasse der führenden Organisten ein und muss sich an ihnen messen lassen. Es ist für Felix Hell zu hoffen, dass er bald begreift, dass Orgelmusik aus erheblich mehr besteht, als aus Geschwindigkeit und Technik.

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