Unterwegs nach Ithaka

Daun · Ästhetisch reizvolle Werke von Jobst Tilmann sind in der erweiterten Dauner Galerie Augarde zu sehen.

 Die zentrale Arbeit der Dauner Schau von Jobst Tilmann ist das großformatige Werk „Conte 1“. Foto: Copyright Jobst Tilmann

Die zentrale Arbeit der Dauner Schau von Jobst Tilmann ist das großformatige Werk „Conte 1“. Foto: Copyright Jobst Tilmann

Foto: (g_kultur

Daun "Ithaka gab dir die schöne Reise. Du wärest ohne es nicht auf die Fahrt gegangen." Jobst Tilmanns Kunst hat etwas von der ionischen Insel, die der griechische Dichter Konstantinos Kavafis in seinem gleichnamigen Gedicht zum Ziel hat. Tatsächlich nennt der bei Hildesheim und in Westfalen lebende Maler auch die Bilder seiner seit 2006 entstandenen Werkserien "Ulysse" (Odysseus), nach dem wohl bekanntesten See-und Irrfahrer der Weltliteratur.
Ohne allzu sehr zu spekulieren, darf man annehmen, dass sich auch Tilmann im Kosmos seiner Ideen- und Gefühlswelt, ihren Formen und Farben bisweilen so fühlt, wie der antike Abenteurer und Richtungssucher auf dem Heimweg nach Ithaka.
Als erste Ausstellung in ihren großzügig erweiterten Räumen widmet die Dauner Galerie Augarde dem 1949 geborenen Künstler eine unbedingt sehenswerte Einzelausstellung. Gezeigt werden neben Gemälden Arbeiten auf Papier und Wandobjekte. Es ist eine ästhetisch sehr reizvolle, augenscheinlich stille Ausstellung, die doch voller innerer Dynamik ist. Ihr ganz besonderer Vorzug besteht darin, dass sie auch ausgesprochen systematisch ist und so die Ideenlage und den Arbeitsprozess des ehemaligen Lehrers der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim (HAWK) analytisch offenlegt. Und das ganz ohne die Anmutung einer didaktischen Lehrschau. Tilmann gelangt, wie hier zu sehen, vom Fragment und der einzelnen, dabei vielfältigen Form zum Ganzen.
So analytisch seine Kunst ist, so spontan ist sie auch, und zudem voller Spiel- und Experimentierfreude, die Formen erprobt, Farbrinnsale nutzt oder wie in seinen Gouachen, Farbverläufe Form werden lässt. Die zentrale Arbeit der Schau ist ein großformatiges Gemälde mit dem aussagefähigen Titel "Conte 1", das, wie der Bildtitel signalisiert, als große abstrakte Bilderzählung die einzelnen Formen, orchestriert durch die Farbe, zum großen Ganzen eint. Man mag dieses Bild als die im Schaffensprozess des Künstlers angestrebte Symbiose aus Gefühl und Geist verstehen, eben als jenes eingangs zitierte Ithaka, nach dem der Künstler strebt. Gleichwohl ist Tilmann nicht wirklich angekommen. Seine Kunst bleibt ein offenes Programm, wie hier an seinen Wandobjekten zu sehen. Was zusammenfügt war, vereinzelt der Künstler wieder als Form, was Fläche war, wird dreidimensional verräumlicht. Tilmanns Kunst lässt viele Assoziationen zu. Man mag seine Arbeiten auch als Bild eines Lebens verstehen, das nach Einheit von Geist und Gefühl strebt, nach einer Vollendung, die doch immer wieder aufgebrochen werden muss, um lebendig zu bleiben.
Bis 6. Mai, Di-Fr 14.30 Uhr bis 18 Uhr, Sa 11 bis 14 Uhr und nach Vereinbarung. Mobil: 0171-6312714
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