Verwildert, aber kostbar

TRIER. Eher Rätsel als Klarheit: Die berühmte Goldmünze Karls des Großen aus der Ingelheimer Kaiserpfalz kommt nach Trier.

Dass Politiker in diesen Zeiten allerorts zu Schatzsuchern werden, ist nur allzu verständlich. Was Wunder, dass sich die in Ingelheim gefundene Goldmünze mit dem Porträt Karls des Großen besonderer Wertschätzung des rheinland-pfälzischen Wissenschafts- und Kulturministeriums erfreut. Seit dem Frühjahr reist das wertvolle Stück wie weiland Kaiser Karl von Pfalz zu Pfalz durch die Museen des Landes und seine Vertretungen. Ausgerichtet hat die Schau das Land Rheinland-Pfalz, Mitveranstalter sind neben der Deutschen Bundesbank das Historische Museum der Pfalz in Speyer und die Stadt Ingelheim.Angefangen hat die Münztournee im Geldmuseum der Bundesbank in Frankfurt. Das Institut hat auch einen großen Teil der Kosten für das Ausstellungsprojekt übernommen. Ab diesem Sonntag ist die Münze nun im Trierer Landesmuseum zu sehen. Die raffinierte Präsentation auf einem sich drehenden und wendenden Träger erlaubt es, sozusagen beide Seiten der Medaille zu besichtigen.Gefunden wurde das Goldstück, das in seiner Prägung etwas "verwildert" wirkt, wie die Münzfachleute sagen, 1996 bei Grabungen in der ehemaligen Kaiserpfalz am Rhein. Bei den Pfalzgrabungen sei "die bislang einzige in Gold geprägte Porträtmünze als ein bedeutendes Zeugnis des Kaisertums Karls des Großen" gefunden worden, heißt es im Begleittext zur Ausstellung, den Holger Grewe von der Forschungsstelle Kaiserpfalz verfasst hat.Das klingt zumindest missverständlich. Weshalb Karl-Josef Gilles vom Trierer Museum sogleich darauf hinweist, dass inzwischen mehrere goldene Porträtmünzen Karls bekannt sind, ein Teil davon wohl aus dem späteren Mttelalter. Einmalig mache die Münze die Abbildung der Herrschaftsinsignien wie Lorbeerkranz und Feldherrenmantel sowie die in der Legende zu lesenden Kaisertitel "Imperator" und "Augustus", kontert Münzforscher Grewe. Und genau so wolle er seinen Text verstanden wissen.Allerdings: Auch ohne solche Spitzfindigkeiten gibt die Münze Rätsel genug auf. Schon das Metall ist ungewöhnlich. Hatte doch Karl einige Jahre vor seiner Kaiserkrönung im Jahr 800 das Münzwesen erneuert und eine neue Silbermünze, den Denarius, als einheitliche Währung eingeführt. Ob und warum der Karolinger bei der Ingelheimer Münze, die ihn als Nachfolger der römischen Kaiser ausweist, davon abweicht, bleibt vorerst so ungewiss wie ihre Verwendung. Womöglich wurde die Münze gar nicht als Zahlungsmittel verwendet sondern als Gedenkmünze oder als Auszeichnung für verdiente Beamte und Untertanen.Manch ein Experte glaubt überdies, dass das Goldstück erst nach Karls Tod von seinem Nachfolger Ludwig dem Frommen geprägt wurde. Wissenschaftler Grewe hat seine eigene Theorie: "Ich könnte mir vorstellen, dass die Münze mit den Herrschaftszeichen als politische Botschaft gedacht war" - etwa in Richtung Byzanz, das sich bis 812 weigerte, das Kaisertum des Karolingers anzuerkennen. Damit sich auch das an Münzen interessierte Publikum etwas mehr vorstellen kann, gibt es zur Schau eine virtuelle Rekonstruktion der Kaiserpfalz in Ingelheim sowie Texttafeln zu Leben und Zeit Karls des Großen.Bis 4. Januar, di.-fr. 9.30 bis 17 Uhr, sa. u. so. 10.30 bis 17 Uhr; Eröffnung: 30. November, 11 Uhr.

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