Volksfreund-Lektüre in Brasilien

TRIER. Seit zwei Jahren ist Carsten Thurau (38) für das ZDF Südamerika-Korrespondent in Brasilien. Nun besuchte er seine alte Heimat Trier und berichtete Kollegen aus der Moselstadt auf Einladung des Deutschen Journalistenverbands (DJV) über sein neues Zuhause.

Brasilien - wer denkt da nicht an Sonne, Strand und Zuckerhut. Einerseits. Wer denkt andererseits nicht an bittere Armut, alltägliche Gewalt und große soziale Ungerechtigkeit. Neben diesen beiden Klischees, die ein Teil der Wahrheit sind, hat das riesige Land in Südamerika jedoch noch viele andere Facetten. Und dass die Menschen hier im fernen Deutschland auch davon erfahren, liegt nicht zuletzt an ihm: Carsten Thurau. Seit zwei Jahren ist der 38-Jährige Korrespondent für das ZDF in Südamerika. Und hat mit dem "Studio Rio de Janeiro" ein geradezu riesiges Gebiet zu beackern: von Kolumbien bis Feuerland. Seine journalistischen Wurzeln hat Carsten Thurau in Trier. Damals, 17 Jahre alt und Gymnasiast in Trier, wurde er freier Mitarbeiter beim Trierischen Volksfreund. Nach Abitur und Bundeswehr bekam er ein Volontariat, wurde Redakteur und betreute die Wirtschaftsseite im TV. Er schätzte es, auch regionale Themen in den Blick zu nehmen. "Ich fuhr zum Beispiel zur Molkerei in den Hochwald und berichtete darüber", erinnert sich Thurau. Dem Thema Wirtschaft blieb er auch treu, als er 1992 den TV verließ und begann, in Trier Volkswirtschaftslehre zu studieren. Schon in der Anfangszeit seines Studiums tastete er sich zu anderen Medien vor, wurde freier Mitarbeiter beim damaligen Südwestfunk und bekam eine Praktikumsstelle beim ZDF. Zufall, denn zunächst war er auf später vertröstet worden. "Ich habe zwei Monate die Universität geschwänzt", sagt Thurau. Das Medium Fernsehen reizte ihn. Er blieb und wurde 1995 beim ZDF Redakteur, arbeitete für die aktuelle Redaktion, die unter anderem die "heute"-Nachrichten produziert. Seine große Stunde schlug 1999, als er Korrespondent im Kosovo-Krieg wurde. Der spielte sich zunächst auf einem Nato-Flughafen in Italien ab. "Es gab keine Bilder aus dem Kriegsgebiet. Ich stand vor einer Landebahn und musste erzählen. Wie viele Flugzeuge aufstiegen und wie viele wieder zurückkamen." Später war er auch vor Ort. Sah Leichen und Trümmer. "Das sind Erlebnisse, die mir sehr nahe gegangen sind." Es folgten weitere Einsätze rund um den Globus, darunter Afghanistan, Israel, Washington. Überdies moderierte er "Heute in Europa", merkte jedoch rasch, dass er lieber Reporter ist. Als ihn vor zwei Jahren der Ruf nach Rio de Janeiro ereilte, war er zunächst überrascht: "Ich sprach zwar ein bisschen Spanisch, aber kein Portugiesisch." Besonders schätzt er an seiner Arbeit in Rio, dass er dort nun nach rastlosen Jahren ein Zuhause gefunden hat - "für drei bis maximal sieben Jahre". Inzwischen spricht er besser Portugiesisch als Spanisch, "aber ich habe dort auch ein Team, das mich sehr unterstützt". Eine Umstellung war es im Vergleich zu seinem Job in den Krisenherden der Welt dennoch, denn Südamerika ist nicht immer so gefragt wie die aktuellen Brennpunkte, was jedoch den Vorteil hat, dass er sich auch einmal Themen jenseits der Armenviertel widmen kann. Den Draht zu seiner Heimat hat Carsten Thurau nach wie vor: "Meine Mutter schneidet mir immer Artikel aus dem Volksfreund aus und schickt sie mir zu." Vom 6. bis 10. Juni nimmt Carsten Thurau im ZDF-Mittagsmagazin (Beginn jeweils 13 Uhr) die Zuschauer auf eine "Sommerreise durch Südamerika" mit.

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