Waits trifft Weill

LUXEMBURG. (DiL) Kurt Weill, der Klassiker der Moderne, und Tom Waits, der schräge Kult-Songwriter in einem gemeinsamen Programm: Die ungewöhnliche Kombi erwies sich im Luxemburger Grand Théatre aus ausgesprochener Glücksfall.

Das Brüsseler Ensemble "Ictus" gilt europaweit als Spezialist für zeitgenössische Musik. Zu den meistgefragten Programmen gehört "Waits meets Weill", ein Abend, der Musik aus Weills Opern mit Songs aus den Waits-Musicals "Black Rider" und "Frank's wild years" verbindet. Den besonderen Reiz machen die komplett neuen Arrangements für ein zwölf-köpfiges Orchester aus. Fantasievoll, tempogeladen kommen die Songs über die Rampe, dabei nie platt oder gefällig. Ictus respektiert die Individualität der Komponisten, arbeitet aber auch erstaunliche Gemeinsamkeiten heraus. Waits und Weill liegen wesentlich näher beisammen, als es auf den ersten Blick scheint. Das Luxemburger Theater hat den Raum für diese Begegnung liebevoll eingerichtet: Hängelampen spenden gedämpftes Licht, eine Sitzgruppe bietet den Akteuren Rekreationsraum in den Einsatz-Pausen, und die Musiker des Orchesters bilden eine Art gegliederte Landschaft, vor der Mit-Arrangeur, Bandleader und Antreiber Fabian Fiorini bisweilen herumspringt wie Rumpelstilzchen. Bei den Gesangsstimmen bietet Ictus echte Glücksfälle auf. Für die Weill-Songs zeichnet die deutsche Sopranistin Maria Husmann verantwortlich, eine Sängerin von enormer Wandlungsfähigkeit und bestechenden Ausdrucksmitteln. Sie gewinnt selbst alten Schlachtrössern wie "Surabaya Johnny" neue Nuancen ab und lässt den "Moon of Alabama" mit einem völlig entfesselten Orchester als Herzschlag-treibende "Drum'n Bass"-Nummer aufgehen. Die Waits-Nummern liegen beim belgischen Rock-Sänger Kris Dane in der richtigen Kehle. Er klingt angemessen aufgeraut. Waits wird weder künstlich verfremdet noch, wie so oft, verpoppt. "I'll shoot the moon" klingt, als hätten Satchmo und Waits je die Hälfte ihrer Stimmbänder dazu beigetragen. "Innocent when you dream" ist eine grandiose Ballade, und bei den Titeln aus "Black Rider" entsteht das ganze Stück im Kopf. Dane singt auch den "Mackie Messer", ansonsten bleiben die Solisten bei ihren Leisten. Da hätte man sich noch mehr Crossovers gewünscht. Aber die besorgt schon die Band.

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