Wellhornschnecke und Weinstock

Im Cusanus-Geburtshaus tritt ein Künstler des 21. Jahrhunderts mit einem der großen europäischen Denker des 15. Jahrhunderts in einen Dialog. "De visione dei - vom Sehen zum Betrachten", so lautet der Titel der Ausstellung des Zeichners Ekkehard Welkens, die zur Eröffnung einen Besucherandrang erlebte.

Bernkastel-Kues. (mbl) Der Ort des Cusanus-Geburtshauses, eine Stätte zum Nachdenken und Staunen, bildet den passenden Rahmen für die Präsentation der Zeichnungen von Ekkehard Welkens. "Welkens eröffnet die Möglichkeit, bei seinen Exponaten einen Punkt des Verweilens, des Nachdenkens und - im positiven Falle - auch der Erkenntnis zu finden", erklärt Christine Vogt vom Suermont-Ludwig-Museum Aachen, die mit dem Trierer Cusanus-Dozent Harald Schwaetzer in die Ausstellung einführte. Ein abgeschnittenes Stück eines ausgemachten Weinstocks, eine Wellhornschnecke, ein Eichenblatt, die Frucht eines Magnolienbaumes - Welkens setzt Strich für Strich seine Fundstücke aus der Natur aufs Papier. Dabei wird der Gegenstand stets in Originalgröße und für sich alleinstehend in die Mitte des Bildes gesetzt. Welkens findet diese Dinge auf seinen ausgedehnten Spaziergängen. Dinge, die ihre "lebendige" Zeit hinter sich haben - und doch nicht "tot" sind. Der in Köln geborene, gelernte Steinmetz und studierte Kunstgeschichtler und Grafiker Welkens kehrte Anfang der 90er Jahre der hektischen Großstadtwelt den Rücken , um sich in der Abgeschiedenheit der Eifel niederzulassen. So fließen seine enge Verbindung zur Natur, der Lauf der Jahreszeiten in seine Zeichnungen ein. Der gläubige Welkens findet hier "Fragmente der Schöpfung", die einen neuen Blick auf den Kosmos ermöglichen. In diesen Gedanken stehe er Nikolaus von Kues nahe, so Vogt. Welkens fordert den Betrachter seiner Werke in hohem Maße: Seine Gruppe von Zeichnungen beinhaltet den Prozess "Vom Sehen zum (genauen) Betrachten". "Wie ein Wissenschaftler und tiefgreifend wie ein Philosoph nimmt er die Dinge auf", beschreibt Vogt die Arbeitsweise.Auf den ersten Blick eröffnen Welkens Arbeiten laut Schwaetzer keinen Bezug zu Cusanus. Doch das "Sehen" ist auch bei Cusanus ein zentraler Punkt in seinen Schriften. So lautet eine cusanische Forderung: "Wir sollen nicht beim Bild stehen bleiben, sondern zur Einsicht fortschreiten." Hier bieten die Zeichnungen Welkens ein wunderbares Feld, sich zu vertiefen und über die grundsätzlichen Dinge des Lebens nachzudenken.Detailgetreue Dinge aus der Natur

Vom Betrachter wird große Aufmerksamkeit gefordert, sich in aller Ruhe auf die "stillen, detailgenauen Dinge aus der Natur einzulassen und einzudenken - eben vom ersten Sehen zum intensiven Betrachten". "Kein Ort scheint besser geeignet dazu als das Geburtshaus des konzentrierten Denkarbeiters Nikolaus von Kues", unterstreicht Vogt in ihren Ausführungen. Stofffahnen mit Zitaten von Cusanus bilden eine Ergänzung zu Welkens Werken.Zu sehen ist die Ausstellung bis 15.Oktober, dienstags bis donnerstags von 10 bis 12 Uhr und von 14.30 bis 17 Uhr, sonntags von 10 bis 12 Uhr. Sonderöffnungen sind möglich. Infos unter Telefon 06531/2831.Sonderveranstaltungen: Freitag, 5. Oktober, 19 Uhr, Vortrag von Cusanus-Dozent Harald Schwaetzer zum Thema "Das Sehen der Natur - die Natur des Sehens".

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