Zeitreise in die heile Welt

TRIER. 3200 Besucher feierten bei "Abbamania" in der neuen Trier-Arena eine fulminante Party. Die englische Cover-Band stellte einstige Abba-Konzerte bis aufs I-Tüpfelchen nach.

 Vom Trierischen Volksfreund präsentiert: Abbamania räumte beim Publikum kräftig ab.Foto: Friedemann Vetter

Vom Trierischen Volksfreund präsentiert: Abbamania räumte beim Publikum kräftig ab.Foto: Friedemann Vetter

Die Welt braucht Abba. Mehr als 20 Jahre nach dem Ende der Band ist die Nachfrage größer denn je. Hunderte von Cover-Bands sind weltweit unterwegs, ganze Radio-Programme leben von den Hits der vier Schweden, die CD's verkaufen sich immer noch wie geschnittenes Brot.Nostalgie? Eine Zeitreise in bessere Tage, da der Wohlstand sich täglich mehrte, die Welt durch ein Gleichgewicht des Schreckens in der Balance gehalten wurde und die Kids sich noch keine Löcher in Zungen, Augenbrauen oder Brustwarzen bohrten, um trendy auszusehen?Das alleine kann es nicht sein. Die Hälfte des Publikums, das die Trier-Arena bei "Abbamania" bevölkerte, war nicht einmal zehn Jahre alt, als "Waterloo" 1974 dem Grand-Prix-Eurovision seinen letzten ernsthaften Hit bescherte. Da fällt selbst die Erinnerung an die musikalische Begleitmusik zum ersten Knutschen auf dem Auto-Rücksitz als Erklärung für die wohligen Schauer aus, die Titel wie "Fernando" kollektiv im Arena-Rund auslösten.Vielleicht war Abba einfach die letzte große konsensfähige Musik, ein Sound, bei dem Schlagerfans und Headbanger, Wagnerianer und Volksmusikanten, Jazzer und Techno-Freaks gemeinsam mitsingen oder zumindest mitpfeifen können. Eine Oase der generations- und gruppenübergreifenden Gemeinsamkeit in individualistischen Zeiten, wie sonst höchstens noch "Wetten dass", Harry Potter oder James Bond.Was aber tun, wenn die Nachfrage am Markt groß ist und die Ware nicht mehr vorhanden? Es muss Ersatz her. Und innerhalb der unzähligen "Substitute"-Bands gehört "Abbamania", wie das Trierer Konzert demonstrierte, zu den Besten. Niemand setzt so konsequent auf die lupenreine Kopie des Originals. Während die "echten" Abba-Musiker für das Revival die genial augenzwinkernde, sich selbst auf die Schippe nehmende Musicalrevue "Mamma Mia" konzipierten, spielen "Abbamania" die historischen Abba-Konzerte bis in die kleinste Nuance nach. Selbst die Moderationen und Publikums-Animationen lassen sich oft 1:1 in alten Abba-Videos wiederfinden.Auch Bewegungen und Choreographie entstammen den Siebzigern. Das betuliche Hüftwackeln und Armerecken wirkt im Verhältnis zu Jennifer Lopez oder Madonna wie eine Ernst-Huberty-Sportschau im Vergleich zu "Ran". Aber auch da sehnt sich ja mancher zurück in gute alte Zeiten. Das Erfolgsrezept von Abbamania" würde nicht funktionieren ohne die exzellente musikalische Basis, die die vier Abba-Darsteller und ihre dreiköpfige Begleitband legen. Da sind keine hastig zusammengecasteten Musiker am Werk: "Abbamania" stammt aus der britischen Provinz, hatte in Wales Premiere. Das Konzept entstand nicht am Reißbrett eines Musikproduzenten, sondern bei den Akteuren selbst - lange bevor die Erfolgswelle sie ins Londoner Westend spülte. Gelegentlich hört man das auch. Zum Beispiel bei den Super-Stimmen von Isobel Davies, Mark Thomas und Jennifer Robb, die sich öfter mal zurücknehmen müssen, damit sie nicht besser klingen als das Original. Oder wenn Keyboarder Nigel Hart fingerfertig ein paar rare eigene Töne einfließen lässt und der exzellente Background-Gitarrist Hywel Maggs vor lauter Spielfreude das eine oder andere Riff einschmuggelt, das nicht von Abba stammt. Die Beats hat man unauffällig etwas aufgepeppt, was in Verbindung mit einer superben Sound-Anlage dazu führt, dass das Publikum regelrecht von den Sitzen gerissen wird. Bei "Money, Money, Money" steht der Saal zum ersten Mal unaufgefordert, bei "Take a chance" entdeckt das Publikum, wie laut man auf den neuen Tribünen trampeln kann, und nach der Pause brauchen selbst lendenlahme Ehemänner keinen Schubs von ihren Partnerinnen, um den Rest des Konzerts stehend, klatschend, winkend und - spätestens bei "Thank you for the music" - auch singend zuzubringen. Die meisten werden sicher wiederkommen, wenn am 26. September mit "Abba, the Show" die nächste Revival-Runde in der Arena eingeläutet wird. "Trier, tonight you have been super" - kein Spruch ist klischeehaft genug, um nicht frenetischen Jubel in der Halle zu erzeugen. Ob alle das so ernst nehmen? Überflüssige Frage. Bei den Rolling Stones stellt sie ja auch keiner, obwohl auch dort eine Armada von Hintergrundmusikern Cover-Versionen alter Hits spielt - nur dass, anders als bei Abba, noch ein paar von der Original-Besetzung das optische Bild aufpeppen. ClickMe Bilder unter www.intrinet.de

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