… und wer kriegt Cäsar oder Schnurrli?

Es gibt Probleme, die bekommt man erst, wenn man weiß, dass es sie überhaupt gibt. Die Washington Post stellte ihren Lesern jüngst die Frage, was im Falle einer Scheidung mit dem Hund oder der Katze passiert.

Da die Menschen immer später heiraten und dementsprechend später Kinder kriegen, schreibt das Blatt, holen sie sich erst mal irgendeinen Vierbeiner in den frisch gegründeten Haushalt, um zu schauen, ob's mit dem Leben zu dritt überhaupt klappt. Und so eine Anschaffung kann dann durchaus ans emotional Eingemachte gehen, wie eine 25-jährige Sozialarbeiterin der Reporterin verriet. "Ich hatte das Gefühl, der Hund, den wir uns gemeinsam gekauft haben, hat mir mehr bedeutet als der Ring", verriet Liz Szwejbka (Name nicht von der Redaktion geändert, denn wer käme schon auf einen solchen?). "Einen Ring kann man abziehen und zurückgeben. Wenn man einen Hund hat, ist das was ganz anderes." Denn die gemeinsame Erziehung eines Hundes kann ein Paar lehren, wie es um ihre zukünftige Kompatibilität bestellt ist, behauptet die Psychotherapeutin und Eheberaterin Rachel Dack. "Wenn man ein Haustier hat, muss man mehr kommunizieren und einander mehr vertrauen. Das ist eine fantastische Möglichkeit, um auszuprobieren, ob man als Team funktioniert." Kann natürlich auch passieren, das räumt die Seelenklempnerin ein, dass einen der Köter oder die Katze so sehr nerven - weil sie viel Zeit in Anspruch nehmen, weil man dau-ernd mit ihnen (zumindest den Hunden) rausmuss, egal, ob die Sonne scheint oder ob es Katzen und Hunde regnet, wie die Engländer einen Wolkenbruch poetisch-animalisch zu umschreiben pflegen, oder weil sie auf den neu erworbenen Wohnzimmerteppich sch … Schaden anrichten -, dass man also die Faxen vom Vieh so dicke hat, dass man es am liebsten auf den Mond schießen würde. Und in Zeiten derlei zugespitzter Krisen, so Miss Dack, seien "Teamfähigkeit und Verständnis füreinander" gefragt. Kommt zum Krach ums schmutzige Geschirr in der Küche und die nicht zugeschraubten Zahnpastatuben im Bad auch noch das Gezänk ums Getier hinzu, das die Liebe auf die Probe stellt, kennt die Krise keine Grenzen. Und wenn es denn gar zum Schlimmsten kommt, um zur Ausgangsfrage dieser Kolumne zurückzukehren, also zur Trennung, spätestens dann stellt sich die Frage: Und wer kriegt Cäsar oder Schnurrli? Tja, so einfach ist die Antwort nicht. Man kann das Tier ja nicht halbieren wie eine gemeinsam angeschaffte Regalwand. Man kann es sich höchstens teilen, und da könnte, zeichnet sich überhaupt keine gütliche Einigung ab, im schlimmsten Fall - nein, nicht das Familiengericht angerufen werden, sondern der örtliche Tierschutzverein, der dann das letzte Wort über Besuchszeiten und Fragen der weiteren Erziehung hat. Wie sehr die Ex-Partner leiden können, weiß etwa Susan Trombetti, als Heiratsvermittlerin Besitzerin der Organisation Exclusive Matchmaking (etwa: außergewöhnliche Eheanbahnung): "Man braucht einen klaren Schnitt, um über die Beziehung hinwegzukommen", meint die Glücksnachhelferin. In dieser Phase könne man sich unmöglich einen Hund teilen. Mal ganz abgesehen davon, dass der beim Wochenendbesuch des Ex-Partners oder der Ex-Partnerin gegen eben diese(n) aufgehetzt wird. Wie soll der arme Fifi sich ab Montag verhalten, wenn er das ganze Wochenende zu hören bekommen hat "Dein Frauchen ist eine Schlampe" oder "Dein Herrchen ist ein Nichtsnutz"? Unter solchen Umständen drohen dem Trennungstier seelische Schäden, deren Folgen noch nicht einmal ansatzweise berücksichtigt worden sind. Rainer Nolden Unterm Strich - Die Kulturwoche

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