Es rockt in der ehemaligen Industrieruine

Trier · Auf zur "architekttour" heißt es wieder am Wochenende. Dann öffnen die über 100 öffentlichen und privaten Bauten und Grünanlagen, die es in die Auswahl der "architktouren 2011" geschafft haben, ihre Tore. In der Region sind elf Objekte zu besichtigen. Die Aktion wird von der Architektenkammer im Rahmen des Tages der Architektur veranstaltet.

Trier. Was ist gute Alltagsarchitektur? Einmal mehr stellen sich die "architekttouren" am 25. und 26. Juni der alten Frage. Zwei Tage lang können angehende Bauherrn und alle an Baukultur Interessierten einen Blick hinter die Kulissen der gebauten Umwelt werfen, sich über aktuelles Bauen, energetische Konzepte oder die Umnutzung von Altbauten informieren.
Einmalige Plattform



Großgeschrieben wird auch dieses Jahr der Erfahrungsaustausch mit Bauherrn und Architekten. Denen dient die Bau-Ralley auch. "Für mich sind die ,architektouren\' eine einmalige Plattform, interessante Architektur einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren", sagt Hendrik Eltze vom Büro "Planquadrat" in Gerolstein. Und er fährt mit Blick auf die dünn vertretene Eifel fort: "Wir müssen zeigen, dass wir hier nicht nur architektonisches Brachland haben".

Der Architekt macht überzeugend vor, was er fordert. Mit einem der originellsten Projekte bestückt er die Tour 2011, dem sanierten und umgenutzten Magazin des Gerolsteiner Bahnbetriebswerks. Die in jeder Hinsicht gelungene Rettung des verfallenden Industriedenkmals ist mehr als die übliche Instandsetzung eines Industriebaus mit neuer Zweckbestimmung. Was man sich allerorts wünscht, ist hier gelungen. Im Gerolsteiner Bahnbetriebswerk bilden Arbeitswelt und kulturelles Leben eine erfolgreiche Lebensgemeinschaft.
Alte Bauten beleben


Auch weiterhin werden im Gerolsteiner "Lokschuppen" tagsüber Lokomotiven und Schienenbusse gewartet. Abends ist Kultur zu Gast von BAP bis "Tatort Eifel". Und wenn es sein muss, springt dann auch schon mal eine Lok als Raumteiler ein. Bauen im Bestand hält Eltze auch in der Eifel für eine der großen Bauaufgaben der Zukunft. Er selbst hat sich auf die Sanierung und Erweiterung solcher Altbauten spezialisiert, Scheunen auf- und alte Häuser umgebaut. "Auf diese Weise können wir etwas gegen die vielen Leerstände tun und zudem die alten Bauten neu beleben", sagt der Architekt.

Ohnehin sei der Markt für neue Einfamilienhäuser gerade für freie Architekten schwierig geworden angesichts der vielen Bauträger. Wiederbeleben und so weit wie möglich das Original erhalten, aber den Bau energetisch und technisch auf den neusten Stand zu bringen, darum ging es auch bei der Sanierung des Magazins. Bei den Materialien achtete Eltze darauf, den Industriecharakter zu erhalten. Eck- und Sockelquaderung wurden restauriert.

Die alten Stahlfenster wurden durch neue isolierte ersetzt und Terrazzoböden verlegt. Stahl und Metall bestimmen auch die Innenausstattung. Entstanden ist ein kühler Raum, der seine Herkunft nicht verleugnet und dabei die Schönheit alter Industriearchitektur herausstellt. Im Dialog mit dem Umfeld will auch Anja Axt bauen, natürlich in einer zeitgenössischen Formensprache. "Für mich ist der Tag der Architektur eine Möglichkeit, das Bewusstsein für Baukultur und gutes Bauen zu stärken", betont die Trierer Architektin, die in diesem Jahr ihr Wohnhaus zur Besichtigung öffnet.

Neben den Einfamilienhäusern und der Umnutzung denkmalgeschützter Bauten, darunter der Umbau einer Jugendstilkellerei in das Buddha-Museum in Traben-Trarbach, sind Energiehäuser zu sehen, ein Bürogebäude und ein Appartementhaus für Studierende. Bei den Neubauten ist die Rückwendung zur Sachlichkeit des Bauhauses auffallend. Eine bislang wenig identitätsstiftende Baukultur in der Region beobachtet Herbert Mayer. "Dem zeitgemäßen Bauen kommt bisher nicht die Bedeutung zu, die im zusteht" bemängelt der Vorsitzende der Kammergruppe 6 (Bitburg-Prüm, Daun, Wittlich) der Architektenkammer Rheinland-Pfalz. "Daran müssen wir arbeiten".

Folgende Bauten sind am 25. und am 26. Juni in der Region zu besichtigen:
Auw a.d.Kyll:Umbau Sanierung Altes Pfarrhaus, Marienstraße 16, So 14-18 Uhr
Bullay/Mosel:Kernsanierung Fachwerkhaus, Zehnthausstraße 1, Sa 14-18 Uhr, So 11-18 Uhr
Farschweiler:+ Energiehaus, Im Persch 26, Sa 14-18 Uhr, So 11-18 Uhr
Gerolstein: Instandsetzung des historischen Bahnbetriebswerks, Kasselburger Weg 16, So 11-18 Uhr
Hermeskeil:Neubau Passivhaus in Holzbauweise, Zum Felsbach 24, So 11-18 Uhr
Traben-Trarbach: Umbau Jugendstilkellerei in Buddha-Museum, Bruno-Möhring-Platz 1, Sa 10-16 Uhr, So 11-18 Uhr
Trier-Ehrang: Wohnhaus Axt - Aus Alt mach Neu, Tannenweg 49, Sa 14-18 Uhr, So 11-18 Uhr
Trier-Pallien:Haus Kleis-Schütte, Am Sabel 20, Sa u. So 14-18 Uhr
Trier-Petrisberg:Leben und Arbeiten am Wasserband, Am Wissenschaftspark, Sa 14-18 Uhr; Neubau eines Einfamilienhauses, Gloucester-Straße, Sa u. So 14-18 Uhr; Studierendenappartements, Peter-Thomas-Straße, Sa 14-18 Uhr, So 11-18 Uhr er

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