Musikgeschichte(n)

"Das darf ja wohl nicht wahr sein!" Mama stürmt ins Wohnzimmer, wo Max gemütlich mit Opa vor dem Fernseher sitzt. "Eben habe ich deine Englischlehrerin getroffen.

Und was höre ich: Jedes Mal, wenn Frau Meier Vokabeln abhört, lässt du dir von Lena vorsagen." Opa lacht. "Lena ist halt Max\' Souffleuse." Mamas Blick durchbohrt Opa. "Souffleuse? Sind wir etwa im Theater?" Genau, Theater, das ist das richtige Stichwort. Souffleure (die weibliche Form heißt Souffleuse) sind Leute, die den Schauspielern oder Sängern ihren Text vorsagen, wenn sie ihn vergessen haben. Genauso wie Lena Max hilft, wenn ihm die Vokabeln nicht gleich einfallen. Soufflieren- das ist das, was der Souffleur tut - ist französisch und bedeutet einblasen. Ursprünglich waren Souffleure nämlich Leute, die mit dem sogenannten Blasebalg Luft in die Pfeifen der Orgel bliesen. Im Theater gibt es angestellte Souffleure seit gut 200 Jahren. Früher saßen sie immer in einem kleinen Kasten unter dem Boden der Bühne. Vorne hatte der Kasten eine Öffnung, die wie ein Kellerfenster über den Boden ragte, damit die Schauspieler den Souffleur sahen und verstanden. Der Souffleur saß mit dem Text oder den Noten des Stücks, das gerade gespielt wurde, im Kasten und passte auf. Heute sitzen Souffleure oft hinter Vorhängen versteckt am Bühnenrand, oder sogar in der ersten Reihe. Dann sieht und hört sie auch das Publikum. Bei einem Schauspiel zu soufflieren, wo nur gesprochen wird, ist recht einfach. Viel schwieriger ist es im Musiktheater zum Beispiel bei einer Oper oder einem Musical. Der Souffleur muss dann nicht nur aufpassen und helfen, wenn die Sänger ihren Text nicht können. Er muss auch darauf achten, dass sie an der richtigen Stelle einsetzen. Wenn das Tempo nicht stimmt, gibt er ihnen durch Handzeichen zu verstehen, dass sie schneller oder langsamer singen müssen. Manche Souffleure dirigieren sogar mit. Souffleure sind von der ersten Probe an dabei. Am Anfang müssen sie noch sehr viel vorsagen. Später, wenn das Stück sitzt, reichen oft Stichworte. Gute Souffleure machen sich bei den Proben Notizen, wo die Sänger und Schauspieler Probleme haben. Wenn ein Souffleur zum Beispiel weiß, dass beim Musical "My Fair Lady" die Sängerin immer hakt, wenn sie singen soll "Bett, Bett - ich will noch nicht ins Bett", macht er sich ein Zeichen in seine Noten. Wenn die Stelle dran ist, ruft er laut "Bett" - und schon geht es weiter. Für Souffleure gibt es keine spezielle Ausbildung. Oft sind es Sänger, Tänzer, Dirigenten oder Schauspieler. Wichtig ist: Sie müssen sich gut konzentrieren können.Eva-Maria Reuther

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