Weniger ist manchmal mehr

Trier · Premiere vor ausverkauftem Haus: Friedrich Dürrenmatts Komödie "Die Physiker" ist am Samstagabend im Trierer Theater erstmals aufgeführt worden. Die Schauspieler überzeugen, die Inszenierung nicht immer.

 Dürrenmatts Physiker mit den Schauspielern Klaus-Michael Nix, Michael Ophelders, Barbara Ullmann und Peter Singer (von links) werden derzeit am Trierer Theater aufgeführt. Die Premiere der Komödie um drei mordende Wissenschaftler war am Samstag. TV-Foto: Dirk Tenbrock

Dürrenmatts Physiker mit den Schauspielern Klaus-Michael Nix, Michael Ophelders, Barbara Ullmann und Peter Singer (von links) werden derzeit am Trierer Theater aufgeführt. Die Premiere der Komödie um drei mordende Wissenschaftler war am Samstag. TV-Foto: Dirk Tenbrock

Trier. Grüne Wiese statt Anstaltsflur, Musik aus dem Handy statt Blockflötenspiel, USB-Kabel statt Stehlampenschnur: Die Ideen von Regisseur Steffen Popp, die etwas angestaubte Dürrenmatt-Komödie "Die Physiker" an das Jahr 2012 anzupassen, sind nicht zu übersehen. Auch auf die vielzitierten "modernen Sehgewohnheiten" hat er seine Version des Stückes, das am Samstagabend im Trierer Theater Premiere hatte, ausgerichtet: Es gibt vieles zu sehen auf der Bühne, und das gleichzeitig. Leider sind genau dies die Szenen, die am wenigsten überzeugen.
Das Stück um drei geisteskranke Physiker, die in einem Schweizer Sanatorium drei Krankenschwestern ermorden, stammt aus den 1960er Jahren. Johann Wilhelm Möbius (Michael Ophelders) hat die Weltformel gefunden. Um niemanden durch sein Wissen zu gefährden, mimt er den Irren, genauso wie zwei andere Physiker (Peter Singer, Klaus-Michael Nix), die für rivalisierende Geheimdienste arbeiten und Möbius ausspionieren sollen. Regisseur Steffen Popp verpackt den Stoff in eine Inszenierung der Gleichzeitigkeit. Da unterhält sich nach einem der Morde der Kommissar (Christian Miedreich) mit der Oberschwester (Sabine Brandauer). Parallel dazu treibt ein Gerichtsmediziner Späße mit der toten Krankenschwester, sperrt ein Polizist den Tatort ab, pustet ein Irrer Seifenblasen in die Luft. Jeder agiert für sich, es gibt keine Verknüpfung zwischen den Akteuren. Szenen wie diese gibt es im ersten Teil der Inszenierung häufig. Meist sind sie kein Gewinn für die Geschichte, sondern sorgen für Verwirrung - und ein paar Lacher.
Lebendig und nachvollziehbar wird Popps Ansatz dann, wenn parallel laufende Szenen zusammengeführt werden, wenn der ermittelnde Kommissar in das Federballspiel zweier Anstaltsbewohner eingebunden wird, wenn den Hauptfiguren im entscheidenden Moment der Boden in Form des Bühnenbilds unter den Füßen weggezogen wird.
Die besten Momente sind aber die, in denen nur wenige Schauspieler auf der Bühne stehen, in denen die Aufmerksamkeit der Zuschauer einen klaren Fokus hat. Das Liebesgeständnis einer Krankenschwester (Vanessa Daun) an Physiker Möbius, der Monolog der Irrenärztin (Barbara Ullmann) - diese Szenen überzeugen durch eine große Präsenz der Schauspieler und sorgfältig ausgearbeitete Rollen.
Schade nur, dass die Schauspieler besonders im ersten Teil des Stücks im Gewusel der gleichzeitigen Handlungen nicht den Raum bekommen, der angemessen wäre. Was bleibt: Viele gute Ideen, viele gute Schauspieler, ein durchaus zufriedenes Premierenpublikum - und die Erkenntnis, dass weniger manchmal mehr ist.
Weitere Aufführungen im Trie rer Theater: 6. März, 9. März, 16. März, jeweils 20 Uhr, 17. März, 19.30 Uhr, 21. März, 20 Uhr, 25. März, 31. März, 22. April, jeweils 19.30 Uhr.

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