Wenn die Liebe zum Verhängnis wird

Trier · Im Theater Trier hatte Sven Grützmachers Tanzstück "Bluthochzeit" Premiere. Etwa 420 Gäste freuten sich über die beachtliche Leistung des kleinen Trierer Ballettensembles.

 Temporeich, vital und Lust am Ausdruck: Szene aus der Trierer Inszenierung von Grützmachers „Bluthochzeit“. TV-Foto: Friedemann Vetter

Temporeich, vital und Lust am Ausdruck: Szene aus der Trierer Inszenierung von Grützmachers „Bluthochzeit“. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Drei mächtige weiße Mauern begrenzen die Bühne. Sie umschließen das Haus, das Dorf, aber auch jenes Gefängnis, in dem sich heillos die Gefühle des Bräutigams, der Braut und ihres Ex-Verlobten Leonardo verfangen.
Wer den hohen Mauern über einen der vielen Vorsprünge entrinnen will, hängt oben an der Wand wie ein Bergsteiger in Bergnot. Die braunen Platten im Vordergrund, die wie Cortenstahl aussehen, erinnern an düstere Tore und blutige Messer. Am Ende wird eine von ihnen zum Fallbeil.
Eine einfache Geschichte


Sven Grützmacher kommt mit wenigen Zeichen aus. "Frei nach Motiven" aus Federico Garcia Lorcas Tragödie "Bluthochzeit" hat der Trierer Choreograf sein gleichnamiges Tanzstück inszeniert und auch die Bühne eingerichtet. Die Geschichte, die auf einem spanischen Zeitungsbericht basiert, scheint im Kern recht einfach.
Eine Frau, die zwischen ihrem Bräutigam und ihrem ehemaligen Verlobten hin- und hergerissen ist, flieht bei ihrer Hochzeit mit dem einstigen Geliebten. Am Ende bringen sich die beiden Rivalen um.
Lorca hat aus dem bäuerlichen Gräuelstück ein vielschichtiges Drama gemacht, in dem es um männliche Gewalt (symbolisiert durch das Messer), die ohnmächtige Rolle der Frauen, um archaische Bräuche wie Brautraub und Blutrache geht. In ihrer Ausweglosigkeit erinnert "Bluthochzeit" an die antike Tragödie.
Sven Grützmacher konzen-triert sich auf die Dreiecksgeschichte und die Entscheidungsunfähigkeit der Braut. Braut wie männliche Rivalen verbluten quasi an sich selbst. Zur Musik des Franzosen Jean-Marc Zelwer, der rumänischen Sängerin Maria Tanase, der ebenfalls rumänischen Combo Band Taraf de Haidouks sowie anderen, nimmt das Verhängnis seinen Lauf.
Dass die ganze Geschichte nicht zum gefühlstriefenden Melodram wird, dafür sorgen das erfreuliche Tempo der Inszenierung, die Vitalität und unverkennbare Lust am Ausdruck der jungen, wandlungsfähigen Tänzer. Eben noch waren sie heitere Festgäste, gleich darauf werden sie zur bedrohlichen Menge.
Zwischen Poesie und Drama


Vor allem aber ist es Grützmachers Fähigkeit zu verdanken, die Balance zwischen Poesie und dramatischen Ausbrüchen zu halten, damit das Stück nicht kippt und zum dramatischen Schwulst wird. Und damit ist er dann wieder ganz nah bei Lorca.
Wieso Lorcas "Bräutigam" hier als "Sohn und kleiner Platzhirsch" bezeichnet wird, ist allerdings nicht zu verstehen. Die Tanzstars des Abends sind die beiden kraftvollen jungen Tänzer Alister Noblet (Sohn und Platzhirsch) und Noala de Aquino (Leonardo). Christin Braband tanzt eine Braut, die zärtlich am anrührendsten ist. Eindringlich und wunderbar geschmeidig: Juliane Hlawati als Mutter.
In den gelungenen Kostümen von Gera Graf gelingen Grützmacher und seiner Truppe poetische und ausdrucksstarke Szenen. Eine der eindringlichsten: die Hereinführung der verschleierten Braut, eher eine Kleiderpuppe als eine Frau.
Am Schluss wird es mit den "17 Hippies" und der "Frau von Ungefähr", die fünf nach sechs ihren Mann verlässt - dann doch noch ein bisschen banal. Lorca "light" sozusagen.
Die nächsten Termine: 19., 22., 25. 4.; 4., 16., 30. 5.; 15. 6.; Karten: 0651/718-1818.

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