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128Gerade die Tatsache, dass sie ihn so abweisend behandelte, brachte ihn dazu, ständig an sie zu denken."Tu das keinesfalls", warnte Hamid. "Er wäre für immer beleidigt, du kennst ihn ja mittlerweile.

Lass lieber bei Gelegenheit durchblicken, wie glücklich du mit ihr bist. Ich muss jetzt gehen.""Ich bin nicht glücklich mit ihr.""Das solltest du aber sein.""Und sie ist auch nur ungern bei mir. Vielleicht will sie zurück in den Harem des Amirs", sagte Martí. "Was mache ich falsch?""Nichts.""Was erwartet eine Frau wie Zubh von mir? Will sie vielleicht, dass ich sie heirate?""Sicher nicht. Sie ist eine Qaiyna. Sie wäre nicht glücklich als deine Ehefrau. Frag sie doch, was sie will."Martí antwortete nicht. Er hatte nicht die Kraft, Zubh Fragen zu stellen. Am Ende würde sie klar und deutlich antworten: Ich will dich nicht. Du bist mir unangenehm. Lass mich frei. Und wenn sie das erst gesagt hatte, musste er sie gehen lassen."Hamid, ich bin gewöhnt, Wein zu trinken.""Das ist mir bekannt", sagte Hamid kühl."Auch wenn ich jetzt ein Muslim bin wie du, zum Einschlafen brauche ich meinen Becher Wein.""Es gibt keinen Wein auf Almenara.""Zubh schläft nicht mit mir, oder so gut wie nie. Irgendeinen Trost braucht der Mensch. Erzähl mir nicht, dass es in den Magazinen unter der Burg keine Fässer mit Wein gibt.""Verfluchter Godo, woher weißt du das?" Hamid grinste."Ich denke es mir. Schließlich liegt dort eure Beute."Hamid machte plötzlich einen gut gelaunten Eindruck. "Wenn du willst, kannst du nachher mit mir kommen. Ich kenne mich mit Wein allerdings nicht aus. Aber in den Regalen unten habe ich versiegelte Tonkrüge und Eichenfässer gesehen. Niemand wird etwas dagegen haben, wenn du dir einen von den Krügen mitnimmst. Nur, mach dir klar, Zubh wird erschrecken, wenn du dich vor ihr betrinkst. Die Christen werden zu Tieren, wenn sie betrunken sind." Hamid betrachtete ihn zögernd. "Ich habe unsere Katalanen erlebt, als sie im Vollrausch waren. Ich hatte Angst um sie, sie wussten nicht einmal mehr, wer sie waren, und soffen immer weiter.""So viel werde ich nicht trinken. Mach dir keine Sorgen.""Fürs Erste wirst du nur einen kleinen Krug mitnehmen. Wenn er dir bekommt, darfst du dir weitere holen."Sie lachten verschwörerisch."Du bist herzlich eingeladen, mit mir zu trinken.""Danke, aber der Christenwein bekommt mir so wenig wie dir unser Haschisch."Das Labor des Meisters befand sich im Eckturm, der dem von Al Qutis Madjlis gegenüberlag, auf gleicher Höhe wie die Madjlis. Doch während der Empfangsraum des Amirs ein luftiger, freundlicher Raum war, wirkte der des Alchimisten düster. Die ledernen Vorhänge vor den Fenstern waren zugezogen, um die Zugluft abzuhalten."Gauner, Diebe, Mörderpack!", kreischte eine heisere Stimme von hoch oben. Martí konnte den Schreihals nicht entdecken, nur ein hölzerner Käfig mit einem hin und her hüpfenden Raben schwankte an einem Haken an der Decke des Raums."Halt den Schnabel", rief Al Ustadh dem Vogel zu."Mörder!""Er spricht vornehmstes Kastilisch", stellte Martí verblüfft fest."Kein Wunder. Er gehörte einem kastilischen Infanzon. Er ist keine Kriegsbeute, sondern ein ehrlicher Kauf. Ich wollte die Sprache der Vögel studieren. Leider ist das Leben eines Menschen zu kurz, um alles Unerforschte auszukundschaften."Al Ustadh stand über einen großen eichenen Tisch gelehnt und starrte auf eine Zeichnung, nachdem er den Vogel beruhigt hatte. Der Meister vertiefte sich wieder in seine Forschungen.In seitlichen Holzregalen lagerten übereinander gestapelte wertvolle Bücher, sowohl christliche aus schwerem Pergament wie arabische aus Papier. Holzmodelle von Burgen und seltsamen Bauwerken füllten die Borde eines hohen Seitenschranks aus. In einem weiteren drängten sich kugelige Töpfe und Flaschen. Ein seltsamer Geruch lag in der Luft, die hier trotz der vier Fenster stickig und schwer war."Salam aleikum." Unter Verbeugungen versuchte Martí den Alchimisten wieder aus seiner Vertiefung zu reißen.Fortsetzung folgt. Das Buch "Der Sänger und die Ketzerin" ist in allen TV-Pressecentern für 9.90 Euro erhältlich.

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