Rote Armee Fraktion plante Geiselnahme in Luxemburg

Luxemburg · Im Herbst 1977 erschütterte eine Anschlagserie der Roten Armee Fraktion (RAF) Deutschland. Wie erst jetzt bekannt wurde, plante die Gruppe in diesem Zeitraum auch eine Aktion auf dem Kirchberg in Luxemburg.

Bei einem blutigen Überfall mit mehreren Toten kidnappte die RAF am 5. September 1977 Hanns Martin Schleyer, den damaligen Vorsitzenden des Verbandes der Deutschen Industrie (BDI). Die Gruppe wollte damit die Freilassung der ersten RAF-Generation erreichen. Die Gründungsmitglieder der Terrorgruppe saßen zu dem Zeitpunkt in einem Hochsicherheitsgefängnis in Stammheim ihre Strafe ab.

Mit der Geiselnahme sollte die Bundesregierung zu Zugeständnissen bewegt werden. Weil das jedoch nicht schnell genug funktionierte, geriet Luxemburg in das Visier der Gruppe. Das sagte das ehemalige RAF-Mitglied Peter-Jürgen Boock in einem Interview mit dem Spiegel.

Damals trafen sich die Innenminister der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), Vorgänger der EU, regelmäßig auf dem Kirchberg. Laut Boock sei die Geiselnahme der EWG-Innenminister in Luxemburg geplant gewesen. Dadurch wollte man Bundeskanzler Kanzler Helmut Schmidt (SPD) in die Enge treiben: "Wir spekulierten darauf, den Angriff auf eine internationale Ebene auszuweiten, auf der Schmidt nicht mehr hätte allein entscheiden können".

Aus diesem Grund habe man das RAF-Mitglied Silke Maier-Witt mit einem gefälschten Presseausweis in Luxemburg eingeschleust. Maier-Witt war zu diesem Zeitpunkt für die Informationsbeschaffung bei der Terrororganisation zuständig. Laut Boock sei sie sogar in den Konferenzsälen gewesen. "Die Etage darunter war für die Öffentlichkeit zugänglich", so Boock weiter. Der Plan sei durchaus umsetzbar gewesen: "Theoretisch wäre das gegangen".

Am Ende wurde der Plan jedoch nicht umgesetzt, weil sich die palästinensischen Berater der RAF mit einer Alternative durchsetzten: der Entführung des Lufthansa-Flugzeugs Landshut.

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