Mehr Luxemburger müssen Gürtel enger schnallen

Luxemburg · Die Luxemburger haben das höchste Vermögen in Europa. Auch wenn die Konsumausgaben steigen und die Regierung an Stellschrauben der Sozialpolitik gedreht hat, so wird sich daran wohl auch künftig nichts ändern. Doch die sozialen Unterschiede werden größer, mehr sind auf staatliche Hilfen angewiesen.

Luxemburg ist kein armes Land. Im Gegenteil: Mit einem Haushaltseinkommen von rund 6100 Euro im Monat liegt es weltweit auf Platz drei. Mehr als 400 Haushalte verdienen über eine Million Euro im Jahr. Und doch gibt es Armut. Und die wird größer, "weil die sozialen Unterschiede größer werden", bemängelt Robert Urbé, Sprecher der Caritas in Luxemburg.

Dazu hätte auch eine Reihe von Reformen der Regierung wie die Mehrwertsteuererhöhung beigetragen: "Ich habe die Furcht, dass sich die soziale Situation zuspitzen wird." Seine Bilanz der Sozialpolitik nach anderthalb Jahren Gambia-Regierung aus Liberalen, Sozialisten und Grünen: "ein Haufen von Einzelmaß´nahmen".

Die Gewerkschaften sind froh, stärker Gehör unter Premier Bettel zu finden. "Man will den nationalen Arbeitsmarkt in den Griff bekommen", sagt Wolfgang Schnarrbach, Präsident der Sektion Deutsche Grenzgänger in der Gewerkschaft OGBL aus Bettingen (Eifelkreis Bitburg-Prüm), angesichts einer Arbeitslosenquote von 6,9 Prozent (Region Trier: 3,6 Prozent). Nach der Ära Jean-Claude Juncker werde versucht, Arbeitgeber und Gewerkschaften an einen Tisch zu bekommen.

Stephan Wonnebauer, Grenzgängeranwalt aus Trier, sieht "die Arbeitnehmer in Luxemburg immer noch viel besser versorgt als in Deutschland". So würden Reformen höchstens "das Sahnehäubchen schmelzen". Allerdings fehle der "Gleichklang der Systeme". Dass die bisherigen Reformen nur ein Anfang gewesen sein müssen, davon ist Marc Wagener, Geschäftsführer Wirtschaft der Handelskammer (Chambre de Commerce), überzeugt: "Das Land wird wohl oder übel von stetig, fast automatisch ansteigenden und horizontal verteilten Sozialleistungen Abschied nehmen müssen", sagt er.

Wir haben die vier Protagonisten nach ihrer Einschätzung zu verschiedenen Bereichen befragt.Gesundheit, Pflege, Rente: Diese Pfeiler der Sozialversicherung haben hohen Standards. Aber weil es mehr Alte gibt und deren Versorgung an den Erfolg der Wirtschaft und der Grenzgänger gekoppelt ist, sind Einschnitte absehbar. Denn auch diese bauen Ansprüche im Sozialsystem auf. Zum Artikel .

In der Familienpolitik wurden bislang die kontretesten Reformen von Luxemburgs Regierung durchgesetzt - mit unterschiedlichem Tenor je nach Betroffenheit. Zum Artikel .

Die Regierung unter Xavier Bettel macht Kassensturz und will bis 2017 über eine Milliarde Euro sparen. Denn jeder Einwohner Luxemburgs hat 14. 000 Euro Schulden. Dabei trifft ein Teil des Sparprogamms die fast 10. 000 Haushalte unter der Armutsgrenze. Zum Artikel .

Wer gesundheitlich beeinträchtigt ist, der hat laut Experten inzwischen Einschränkungen auf dem Luxemburger Arbeitsmarkt. Dafür gebe es mehr Mitspracherechte für Betriebsräte und eine bessere Kooperation der Behörden. Dagegen sieht die Handelskammer noch keine Akzente auf dem Arbeitsmarkt. Zum Artikel .

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