Behindert - na und?

TRABEN-TRARBACH. Schwerbehinderte haben es schwer, einen Arbeitsplatz zu finden. Das Land fördert daher die Einstellung Behinderter. Einmal im Jahr ehrt es Betriebe, die mit besonders gutem Beispiel vorangehen - wie das Hotel "Oase Moselschlösschen" in Traben-Trarbach.

Ingrid Kroiss ist seit ihrer Geburt schwerbehindert. Tetra-Spastik nennt sich ihre körperliche Beeinträchtigung. Die 31-jährige Frau hat Haltungs- und Bewegungsstörungen, sie kann die Bewegungen vor allem der Beine nur unzureichend koordinieren. Ingrid Kroiss ist gelernte Bürofachkraft. Den Abschluss machte sie im Juni 1997 in Neuwied. Sieben Jahre dauerte es, bis sie endlich eine Arbeitsstelle fand. "Die Bewerbungsschreiben füllen mehrere Aktenordner", sagt sie. Dass sie immer wieder Absagen erhielt, zumeist ohne Angaben von Gründen, führt sie auf ihre Behinderung zurück: "Wenn ich humpelnd zum Vorstellungsgespräch kam, setzten die Personalchefs gleich eine skeptische Miene auf." Im April dieses Jahres hat es endlich geklappt. Sie wurde über den Integrationsfachdienst Ibis Acam in Bernkastel-Kues zum Hotel "Oase Moselschlösschen" vermittelt. Dort arbeitet sie im selben Büro wie Hoteldirektor Egbert Schenk, der ihre Leistung schätzen gelernt hat. Schenk: "Am Anfang war ich schon etwas skeptisch, ob ich mit einem behinderten Menschen in meinem Büro zurechtkomme. Sicherlich habe ich am Anfang auch einige Fehler gemacht, und im Büro mussten wir einiges verändern und umstellen. Heute freue ich mich, wenn morgens die Tür aufgeht und Frau Kroiss mir freundlich ,Guten Morgen‘ wünscht." Ulrike Feller ist ebenfalls schwerbehindert. Ihr sieht man die Behinderung allerdings nicht an. Sie leidet an einer Wirbelsäulenversteifung und an einem Nierenleiden. Viele Jahre führte sie ihr eigenes Lokal, bis es nicht mehr ging. Sie schulte zur Hotelfachbetriebswirtin um, doch keiner wollte sie haben. Sechs Jahre war sie auf Jobsuche. Heute sitzt sie im Hotel Moselschlösschen am Empfang, kümmert sich ums Ein- und Aus-Checken der Gäste, nimmt Anfragen per Telefon entgegen, betreut die Buchhaltung und führt die Kasse. Der dritte Schwerbehinderte, der im Moselschlösschen Arbeit gefunden hat, ist Rüdiger Müllers. Er arbeitet in der Küche und als Hausmeister. Für Egbert Schenk hat sich das Engagement für die Schwerbehinderten gelohnt. Nicht nur, dass eine schöne Urkunde nun die Hotelhalle schmückt und nicht nur wegen der Landeszuschüsse, die es gibt. Schenk: "Behinderte gehen gern zur Arbeit. Sie sind engagiert und sehr leistungsfähig." In der Regel, so Schenk, bedürfe es nur kleiner Veränderungen am Arbeitsplatz, um diese behindertengerecht auszustatten. Ingrid Kroiss beispielsweise erhielt wegen ihrer Koordinationsschwierigkeiten für ihren Computer eine spezielle Tastatur.

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