Blick in neue Länder

Enkirch. (gkl) Mit dem Robert Schuman Chor hatten die Mosel Festwochen ein europäisches Jugendensemble in die evangelische Kirche Enkirch eingeladen. Mit ihrem Programm gewährten die Sängerinnen und Sänger den Zuhörern einen kulturellen Blick in die neuen Länder der Europäischen Union.

"Europa muss, ehe es zur militärischen Allianz oder zum wirtschaftlichen Bündnis wird, vor allem eine kulturelle Gemeinschaft im höchsten Sinne des Wortes bilden." Dieser Satz stammt von Robert Schuman, dem großen Visionär Europas und ersten Präsidenten des europäischen Parlaments. Seit einigen Jahren gibt es einen europäischen Jugendchor, dessen Mitglieder aus Belgien, Frankreich, Luxemburg und Deutschland kommen und sich Schuman als Paten gewählt haben - und sein Zitat als Auftrag verstehen. Im Rahmen der Mosel Festwochen gastierte der Chor in der evangelischen Kirche in Enkirch und bot dem Publikum ein besonderes Konzert. Schon das Programm ließ aufhorchen. Komponisten aus elf Nationen fanden sich dort. Vorwiegend waren es Zeitgenossen wie Gyorgy Ligeti, Juris Karlssons oder Ivan Hrusovsky, aber auch der Frühbarockmeister Jacobus Gallus und der Romantiker Leos Janaãek waren vertreten. Durch die Komponisten waren die zehn neuen Mitgliedsstaaten der EU vertreten und mit Ivan Markovitch ein Land (Serbien), das seiner Aufnahme in die Gemeinschaft entgegen sieht. Bevor man mit einem Land eine Gemeinschaft eingeht, muss man es jedoch erst einmal kennen lernen. Dazu gaben die Chorleiter Martin Folz aus Trier und Florent Stroesser aus Lothringen ihren Zuhörern reichlich Gelegenheit. Sowohl geistliche als auch weltliche Musik erklang und gewährte einen Einblick in die Tonsprache der neuen Länder. Diese kann als sehr anspruchsvoll bezeichnet werden. Ob das "Congregati sunt" des Slowaken Jan Sibracky oder Ligetis "Ejsaka et Reggel", das beeindruckende "Regina coeli" des Slowenen Damijan Mocnik oder Janaãeks trauriges "Kacena di voka" - alle Werke verlangten von den 26 Sängerinnen und Sängern im Alter zwischen 14 und 26 Jahren ein hohes Maß an Können und Disziplin. Aber nicht alles war perfekt in diesem Konzert. Nicht jede Hürde, die von den Komponisten errichtet waren, wurde vom Chor problemlos genommen. Das tat jedoch dem Erlebnis des Abends keinen Abbruch. Zunächst darf man nicht übersehen, dass der Chor das Programm in nur einer Woche einstudiert hatte. Da ist es nicht verwunderlich, wenn die Homogenität zwischen den einzelnen Stimmen noch zu wünschen übrig lässt. Entscheidender war der Einsatz, mit dem die jungen Leute das Konzert gestalteten. Sie nahmen ihre Zuhörer mit ihrer Musikalität gefangen. Den besten Beweis dafür war das "Agnus Dei", das mit einer viertaktigen Pause endete. Atemlose Stille herrschte in der Kirche, die Friedensbitte "dona nobis pacem" hatte Raum und Zeit. Insgesamt war das Konzert ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, wie am Zusammenwachsen des neuen Europas gearbeitet werden kann. Stehender Applaus eines Publikums, das sich bewusst war, etwas Besonderes erlebt zu haben, belegte den Erfolg der Probenwoche und des Abends.

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