Der Hunger allein reicht nicht aus

Einkaufen für einen Euro: Bei der Wittlicher Tafel erhalten Bedürftige einmal wöchentlich Lebensmittel. Rund 540 Berechtigungsausweise hat die Tafel aktuell ausgestellt - Tendenz steigend.

 Hygienisch mit Handschuhen wird die Ware bei der Wittlicher Tafel einmal pro Woche an die Bedürftigen ausgegeben. TV-Foto: Constanze Junk

Hygienisch mit Handschuhen wird die Ware bei der Wittlicher Tafel einmal pro Woche an die Bedürftigen ausgegeben. TV-Foto: Constanze Junk

Wittlich. Ein junges Pärchen aus Landscheid steht mit einer Kiste in der Schlange vor der Wittlicher Tafel. Seit rund zwei Monaten machen sie dort ihren wöchentlichen "Einkauf". Der Grund: Das Geld ist knapp.

Finanzielle Not - das Hauptproblem der Bedürftigen, die mittwochs zur Tafel kommen. Rentner, junge Mütter mit kleinen Kindern, Frauen und Männer mittleren Alters. Gut gekleidet, schlecht gekleidet. Hier trifft sich jeder, der die Unterstützung des ehrenamtlichen Services nötig und bewilligt bekommen hat. "Die Zahl der Bedürftigen ist gestiegen", berichtet Inge Gerads. Eine Verringerung der Zahl sei für die Zukunft nicht in Sicht. Rund 540 Berechtigungsausweise hat die Wittlicher Tafel aktuell ausgestellt. Sie bedienen somit geschätzt mehr als 1500 Kunden aus dem Kreis Bernkastel-Wittlich.

Andrang herrscht in der Ausgabestelle am Rommelsbach. Pünktlich um 9.30 Uhr strömen die Ersten herein. Für einen Obolus von einem Euro bekommen sie Lebensmittel - rationiert natürlich. Doch die Kontrolle fängt schon viel früher an. Bereits am Einlass werden die Personalien und der eigens ausgestellte Berechtigungsausweis geprüft. Laut Koordinatorin Inge Gerads, damit niemand komme, der nicht bedürftig ist. Eine klare Logistik haben sich die Mitarbeiter aufgebaut. Nach Ausweisnummern wird der Einlass gewährt, um unnötiges Gedränge zu verhindern.

Drinnen geht es weiter. Der Ausweis wird abgestempelt und muss an den Stationen des "Bedürftigen-Supermarkts" vorgezeigt werden. Jeder bekommt - gestaffelt nach Familiengröße - nur das, was ihm zusteht. Oder was da ist.

"Margarine gibt es heute nicht", bekommt die 26-jährige Selma Kesten aus Wittlich zu hören. Sie kommt seit rund drei Monaten her, um kostengünstig Lebensmittel für ihre Familie zu bekommen. "Manchmal gehe ich auch nach Hause und habe fast nichts in der Tasche", erzählt sie. Aber das ist ein Ausnahmefall. Normalerweise erhält die junge Mutter, was sie braucht. "Das gesparte Geld kann ich für andere Sachen verwenden."

Vollbepackte Körbe und Taschen werden hinausgetragen. Auch das junge Pärchen hat Obst, Gemüse, Brot, Tiefkühl- und Milchprodukte für die nächsten Tage erhalten. Was sie dafür geben müssen sind ein Euro und die Darlegung ihrer gesamten Finanzen. Obdachlose, Asylbewerber, Hartz-IV-Empfänger, Menschen mit geringem Einkommen: Sie alle können nach einer ausführlichen Prüfung der nicht vorhandenen Liquidität einen Ausweis erhalten. Befristet natürlich. Doch bis zum Ablaufdatum wird die Chance genutzt, die Tafel so oft wie möglich mit einer vollen Einkaufskiste zu verlassen.

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