Der Kraft Gottes vertrauen

Demut - Wie kann man sie in der heutigen Zeit üben, wo Durchsetzungsvermögen, Machtanspruch und Selbstbewusstsein überbewertet werden. Demut ist wenig geachtet, oft missverstanden und gemieden. Zu Unrecht.

Als "demütig" bezeichnet die Bibel einen von Illusionen, von Selbstüberschätzung und Selbstempfindlichkeit freien Menschen. Sachlichkeit und Hingabefähigkeit machen die Demut aus. Der Demütige sieht und versteht wo sein Auftrag liegt, weil er aufmerksam und nicht mit sich selbst beschäftigt ist. Er sieht sich nicht als Maß aller Dinge. Demut sollte als Selbstreflexion verstanden werden, nicht als Aufforderung, sein Licht unter den Scheffel zu stellen. Vielmehr sollte die Tugend der Demut dazu dienen, sein eigenes Handeln immer wieder neu zu überdenken. Der Demütige lässt sich bilden und formen nach der Gestalt, die ein anderer aus ihm formt. Demut ist die Bereitschaft, das Große und Herrliche und Glanzvolle, an dem man seine Freude hat, in Frage stellen zu lassen. So bringt sie die Frucht nicht, indem sie den Demütigen klein macht, sondern indem sie ihn davon befreit, auf Kosten der Kleingehaltenen groß und herrlich sein zu müssen. Demut gehört zur Liebe, nicht als depressive Selbstverkleinerung und Unterwerfung. Demut betrifft auch das Gepäck: Nach den Worten kommt man mit breitem Gepäck nicht durch die "enge Pforte". Es kann sich um eine Schuld handeln, die einer mitschleppt und die zu gestehen er zu stolz ist. Soll er seine Last behalten oder sie ablegen? Beides kann falsch sein. Wer gesund werden will, sollte nicht sein eigener Arzt sein wollen. "Lass dir an meiner Gnade genügen", sagt Gott zu Paulus, als dieser von seiner Krankheit frei sein will. "Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig." Die Fähigkeit, in aller Schwachheit sich der Kraft Gottes anzuvertrauen, nennen wir Demut. Es gibt keinen Weg zum Gebet außer über diese Schwelle. Erich Mertes, Wittlich

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