"Dicke Bretter bohren"

BERNKASTEL-WITTLICH/BITBURG. Wenn die Kreise eigene Steuerquellen hätten, würde Regionalpolitik effektiver, ist eine These, die Bitburgs Bürgermeister Joachim Streit vertritt. Der TV hat Wittlichs Bürgermeister Ralf Bußmer und Landrätin Beate Läsch-Weber zu Streits Ideen befragt.

Pro und contra kommen aus Wittlich: Wittlichs Bürgermeister Ralf Bußmer sagt zu Streits Thesen (siehe Hintergrund): "Die Finanzlage der Kommunen lässt eine weitere Verschiebung des Zuflusses von Steuermitteln zu Gunsten der Landkreise nicht zu, ohne die Finanzkraft der Kommunen vor Ort und des Landes weiter einzuschränken." Der verbleibende Weg, den Kreisen über Steuererhöhungen eigene Steuereinnahmen zuzugestehen, sei ebenfalls "ein indiskutables Vorhaben!"Bedenkliche Abhängigkeit aus Sicht des Kreises

Landrätin Beate Läsch-Weber dagegen begrüßt die Ideen aus Bitburg: "Die Forderung nach einem originären Steuerhebungsrecht für die Landkreise wird von mir unterstützt. Gerade die Landkreise leben in einer verfassungsrechtlich äußerst bedenklichen finanzwirtschaftlichen Abhängigkeit von Zuweisungen der Länder auf der einen Seite sowie von der durch viele Gemeinden als zu hoch empfundenen Kreisumlage auf der anderen Seite." Im Gegenzug begründet Ralf Bußmer: "Für kommunale Steuern gilt der Grundsatz des unmittelbaren örtlichen Bezugs zwischen den kommunalen Leistungen und ihrer Steuerzahlung, der bei den Kreisen eben nicht vorhanden ist." Und Wittlichs Rathauschef macht sich für eine "Verschlankung der öffentlichen Verwaltung" stark, allerdings anders als Joachim Streit, der die Kreise zu "Motoren der Entwicklung" machen will: "Dabei darf nicht nur die Existenz der Landkreise in ihrer bisherigen Form durchaus in Frage gestellt werden: Die Verwaltungshierarchie hat zu viele Verwaltungs- und Aufsichtsebenen, die im Gegensatz zu den Kommunen vor Ort und dem Land kaum primär wertschöpfend sind."Kreis an Grunderwerbsteuer beteiligen

Bußmers Vision: "Es muss geprüft werden, ob durch eine Zusammenführung von Kommunen in größere Einheiten und Reduzierung der Aufgaben der Kreisverwaltungen bis hin zu deren Auflösung ein Großteil der bisher den Kreisen übertragenen Aufgaben auf die kommunale Ebene verlagert werden kann." Verbleibende Aufgaben, etwa die Prüf- und Kontrollfunktion, könnten in seinem Modell von der Landesverwaltung sowie ADD und SGD wahrgenommen werden. Dass diese Vision ein härteres Kaliber hat, weiß Bußmer. "Dies hieße im Gegensatz zu den Vorschlägen meines Bitburger Amtskollegen, dicke Bretter zu bohren."Landrätin Beate Läsch-Weber hat dagegen die Zukunftssicherung der Landkreise im Blick: "Dazu brauchen wir klare Aufgabenverantwortungen und klare Finanzverantwortungen. Wir müssen weg von vielfältigen Mischfinanzierungen und unübersichtlichen Zuweisungsstrukturen. Denn dadurch werden Abhängigkeiten geschaffen und Zuständigkeiten verwischt." Sie vertritt die Forderungen des Landkreistags: "Dass eine selbstverwaltungsgerechte und aufgabenangemessene Finanzierung der Landkreise herbeigeführt wird, durch deren Beteiligung an der Umsatzsteuer und auch wieder an der Grunderwerbsteuer." Eine umfassende Finanzverfassungsreform müsse auch die Finanzkraft der Kreise und Gemeinden stärken. Die Landrätin: "Dazu gehört, dass das Verhältnis von Aufgaben und Finanzausstattung wieder in Übereinstimmung gebracht wird." Sie macht sich wie der Landkreistag Rheinland-Pfalz für das Konnexitätsprinzip stark: "Bund und Länder dürfen nicht weiter staatliche Aufgaben auf die Kommunen verlagern, ohne dass diesen dafür die Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden. " Beate Läsch-Weber abschließend: "Das Kreishaus wird sich nach meiner persönlichen Überzeugung zur Unternehmenszentrale mit strategischen Aufgaben entwickeln, die operativen Aufgaben werden so bürgernah wie möglich dezentral erledigt werden. Zu diesen strategischen Aufgaben zähle ich die Bündelungs-, Problemlösungs-, Ausgleichs- und Managementkompetenz der Landkreise sowie deren Netzwerkerfunktion."

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