Die Luft geht, die Wärme bleibt

ALTRICH. Das "Passivhaus" gilt zurzeit als das Non Plus Ultra auf dem Markt. Gunnar Maisel lebt in einem solchen Haus. In unserer TV -Serie "VG Wittlich-Land ganz nah" blicken wir hinter die gut isolierten Mauern.

Wenn Kunden ins Büro von Gunnar Maisel treten, fällt ihr Blick an der gegenüberliegenden Wand auf Röhren, Leitungen und einen ziemlich großen Schalldämpfer. Ganz bewusst hat der Architekt beim Bau ein Stück der Versorgungstechnik offen gelassen, damit Häuslebauer sich ein Bild von der Funktionsweise eines Passivhauses machen können. Seit dem Jahr 2000 lebt Maisel mit seiner vierköpfigen Familie in Altrich und nutzt die Wärme von Erde, Luft und Sonne zur Energieerzeugung. Diese Lösung heißt Passivhaus, weil sie im größten Teil des Jahres ohne Zuheizen auskommt. Ganz ohne gehe es aber nicht in unseren Breiten, sagt Maisel, auch wenn, wie in seinem Fall, die Fenster komplett auf der Südseite liegen und Dach und Wände gut gedämmt sind. Das Haus steht den halben Tag lang leer: Alle sind bei der Arbeit oder in der Schule. Da fehlt die menschliche Körperwärme, die in Passivhäusern bereits ein wichtiger Wärmeproduzent ist. An dunklen Tagen reiche die Kraft der Sonne nicht aus, um in dem 230 Quadratmeter großen Haus gemütliche Wärme erzeugen zu können, sagt Maisel. Dennoch könne er - entgegen gängiger Vorurteile - jederzeit die Fenster öffnen. Noch heizt die Familie an weniger sonnigen Tagen mit Strom. "Aber in diesem Jahr werden wir uns eine Pelletsheizung anschaffen." Das mache mehr Sinn, sagt der Architekt. Sei die Holzpellets-Heizung erst einmal da, werde es gemütlicher. Die Maisels möchten sie wie einen Kachelofen nutzen. Spannend wird es im Technikraum, wo die energetischen "Fäden" des Passivhauses zusammen laufen. Maisel erläutert die drei unterschiedlichen Wärmesituationen, für die sein Haus gerüstet und das System eingestellt ist. Fall A, Winter, die Außentemperaturen fallen unter acht Grad Celsius: Die Luft wird durch eine rund ums Haus verlegte, 38 Meter lange Kellergrundleitung angesaugt - eine preiswerte Angelegenheit, sagt Maisel. Dann fließt sie durch einen Gegenstromwärmetauscher an der warmen, verbrauchten Fortluft vorbei, wo sie 90 Prozent von deren Wärme "tankt". Maisel gibt ein Rechenexempel: Aus acht Grad kalter Zuluft wird, wenn sie an 22 Grad warmer Fortluft vorbeizieht, genau 20,6 Grad warme Luft - und das ohne weiteres Zuheizen.Wasser fürs Klo kommt von oben

Fall B beschreibt eine Übergangszeit, in der es draußen zwischen acht und 24 Grad hat. Dann kommt die Zuluft auf direktem Weg über ein Lüftungsrohr in der Außenwand in das Leitungssystem des Technikraums. Durch die Erde angesaugt, würde sie gekühlt, was jedoch nicht erwünscht ist. Je nach Bedarf fließt die Zuluft lediglich durch einen Filter ins Haus, oder sie wird noch einmal an der wärmeren Fortluft vorbeigeführt. Fall C stellt sich im Sommer ein. Dann ist die Abkühlung im rund zwei Meter tief verlegten Netz unter der Erde erwünscht - also wird die Zuluft wieder durch die Erde angesaugt. Maisels fangen auch das Wasser für die Toilettenspülung und Gartenbewässerung auf. 7000 Liter fasst der im Garten liegende Regentank. Das Brauchwasser erwärmen die Röhrenkollektoren auf dem Dach. Maisel sagt, er könne das Passivhaus als Alternative zum heute fast schon obligatorischen Niedrigenergiehaus nur empfehlen. Die gesetzlichen Vorgaben seien inzwischen so streng, dass die Unterschiede zunehmend geringer würden. Die notwendigen Mehrausgaben beim Bau schätzt der Architekt auf etwa fünf bis zehn Prozent.

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