Die Säubrenner im Rausch

WITTLICH. Die Feierlaune steigt, die Kaufzurückhaltung bricht, die Kneipen sind voll und alle vereint im Bangen um das Vorankommen der deutschen Elf. Und nachdem die es nun schon bis ins Achtelfinale geschafft hat, sind wir auch wieder wer. Endlich. Ein Traum in Schwarz-Rot-Gold und Wittlich ist mittendrin.

Das gab's in der Säubrennerstadt noch nie: Deutschland-Fahnen an jedem dritten Haus, an Autos, in Geschäften, auf Gesichtern, Trikots, als Bettgarnitur oder Socken. Seit der WM gibt es in der Kreisstadt kaum ein Schaufenster, das nicht mit Fußball, Flagge oder Schwarz-Rot-Gold ausstaffiert ist. Egal ob Frisörgeschäft, Kneipe, Immobilienmakler, Bekleidungshaus, Apotheke oder die lustigen Fußball spielenden Plüsch-Schweinchen beim Metzger: Die Fußball-Euphorie und die für Deutschland neue Vermarktungs-Strategie mit Fanpaketen, die auch in den TV-Pressecentern Verkaufs-Schlager sind, hinterlassen Spuren. Dabei profitieren nur wenige Geschäftsleute von dem sportlichen Großereignis. Der Fernseher-Kauf ist nicht so in die Höhe geschnellt wie erhofft. Doch es gibt auch Ausnahmen: "Für uns war es eines der stärksten Frühjahre seit Jahren", sagt Jürgen Herber, Inhaber von Electronic-Partner (EP) Herber in Wittlich. Vor der WM habe er deutlich mehr Fernseher verkauft als sonst. Vor allem Flachbildschirme. Doch nur auf das Sportereignis will er dieses Geschäft nicht zurückführen. "Das hat schon im vergangenen Spätsommer begonnen. Da haben sich die ersten für die neue Geräte-Generation interessiert", sagt Herber. Viele seiner Kunden hätten sich aber auch erkundigt, ob der Liefertermin noch rechtzeitig zur WM wäre. Und so spricht der Geschäftsmann dem Fußball eine gewisse verkaufsfördernde Wirkung nicht ab. Ein Zugewinn, der nicht allen vergönnt war: Den ein oder anderen Fernseher mehr habe man verkauft, aber nicht weiter nennenswert, geben andere Elektrohändlern zu Protokoll, die namentlich nicht genannt werden wollen. Ähnlich sieht es im Getränkegroßhandel aus: Das Geschäft machen Discounter und Tankstellen, heißt es dort. Wittlichs Gastronomen wiederum freuen sich über volles Haus. "Besonders natürlich, wenn Deutschland spielt", sagt Alwin Reitz, Inhaber des "Canapees". Die Fans kämen Fahnen schwingend in Fußball-Trikots und mit schwarz-rot-goldener Kriegsbemalung. Das WM-Fieber hat auch seine Tochter Laura gepackt. Das elfjährige Mädchen setzt auf einen Sieg der Nationalelf. Ihr Lieblingsspieler? "Michael Ballack, ist doch klar." Vergleichbaren Rummel hat es in der Kneipe bei anderen Fußball-Ereignissen noch nicht gegeben. "Beim Spiel gegen Ecuador hab ich mich gefragt, ob um 16 Uhr schon jemand kommt", sagt der Wirt. Doch viele Firmen hätten für ihre Mitarbeiter Tische reserviert. Das Haus war voll. Im "Canapee" wird Fußball drinnen und draußen übertragen, was bei dem schönen Sommerwetter ein riesiger Vorteil ist. Ähnlich wie im "Café del Mondo am Pariser Platz". Wer bei Sonne und blauem Himmel die WM "nur" drinnen zeigt, muss auf Stammkundschaft bauen. Wie etwa im durch und durch schwarz-rot-gold geschmückten "Omas Türmchen". Luftballons, Girlanden und vieles mehr sorgen dort für WM-Atmosphäre. "Ich dekoriere gern", sagt Inhaber Herbert Braun, der sich über die "Super-Stimmung" in seiner Kneipe freut. Ähnlich sieht es im "Bitchen" und im "Treibhaus" aus. Auch dort steht der Fernseher drinnen, was dem ein oder anderen bei der Hitze aber gerade recht ist. Denn auch bei den Stammkunden gilt: Hauptsache gemeinsam mitfiebern. Auf Großleinwand zeigen die Messdiener das heutige Spiel ab 17 Uhr im Pfarrheim St. Bernhard. Auch dort spielt Deutschland gegen Schweden "drinnen". Open-Air-Übertragung sind wegen des Lichteinfalls durch die Sonne nur bei Spielen zu späterer Stunde möglich. Was halten Sie von der WM-Zeit? Alles Hysterie? Oder angemessene Begeisterung? Mailen Sie uns Ihre Meinung in wenigen Sätzen oder Ihr WM-Digitalfoto mit Ihrem Namen und Wohnort an mosel-echo@volksfreund.de

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