Die ganze Stadt tanzt zur Musik

BERNKASTEL-KUES. Nach Wochen voller Regen und Kälte drängte es die Menschen hinaus ins Freie. Die Stadt Bernkastel-Kues profitierte davon in besonderem Maße. Alleine am Samstag und Sonntag kamen zirka 170 000 Menschen zum Weinfest der Mittelmosel.

Der Fanfarenzug Neuhof (Harz) spielt "Die kleine Kneipe". Und bereits am frühen Nachmittag tanzen und schunkeln die Leute auf dem Marktplatz. Eine kleine Kneipe ist Bernkastel-Kues in diesen Tagen nicht. Bis in die frühen Morgenstunden des Dienstags ist die Stadt ein großes Gasthaus. Es ist Weinfest, und Bernkastel-Kues, an Menschenmassen gewöhnt, befindet sich im kollektiven, aber fröhlichen Ausnahmezustand. "So viele Leute waren seit einer Ewigkeit nicht mehr da", heißt es am Sonntagmorgen von Seiten der Polizei zum Geschehen am Samstag. Zirka 90 000 Besucher strömen an diesem Tag in die Stadt - allein im Industriegebiet in Kues parken mehr als 100 Busse. Die Zufahrtsstraßen müssen bereits um kurz nach 15 Uhr gesperrt werden. Die Fahrzeuge werden auf die Parkplätze am Stadtrand geleitet. Der Andrang ist riesig. Die Brücke, die sonst nach dem Feuerwerk meist gegen 23 Uhr wieder für den Verkehr geöffnet wird, bleibt bis 0.30 Uhr gesperrt. Nach Wochen voller Regen und Kälte drängt es die Menschen bei angenehmen Temperaturen wieder ins Freie. Zudem wartet am Abend das Feuerwerk mit einer Premiere auf. Das 20-minütige farbenprächtige Spektakel wird mit Musik untermalt. "Ich bin schon etwas nervös", gibt Hermann Lewen (Kultur & Kur GmbH) kurz vor 21 Uhr zu. Er zeichnet für die Musik verantwortlich. Nachdem der letzte Böller gekracht und der letzte Ton verrauscht ist, kann er viel Lob empfangen. "Kompliment, war gut. Klasse. Das beste Feuerwerk, das ich je gesehen habe", heißt es. "Sehr gelungen", lobt Wolfgang Lichter, ehemaliger Musiklehrer am Gymnasium und Musiker aus Leidenschaft. Musik und Feuerwerk hätten sich sehr synchron gezeigt. Auch Landrätin Beate Läsch-Weber zeigt sich angetan. Fanfaren, Vivaldis "Vier Jahreszeiten", John Miles' "Music was my first love": Für jeden Musikliebhaber ist etwas dabei. Mittendrin dann die große Überraschung: Vom Band laufen alle Tore (Radioreportage), die die deutsche Fußballnationalmannschaft bei der WM im eigenen Land erzielte. "Eine verrückte Idee", gibt Hermann Lewen zu. Viele Zuschauer und Zuhörer sehen diese Sequenz als verzichtbar an. Das schmälert aber nicht die Begeisterung für die Musik. Die ist nicht überall gleich gut zu hören, was allerdings auch gar nicht möglich ist. Manchen erscheint sie ein wenig zu laut, am Moselufer in der Nähe des Rummelplatzes kommt sie nicht überall rüber. Dafür ist sie teilweise, was gar nicht geplant war, in den Weinbergen oberhalb der Stadt zu hören. Aber schließlich betreten die Organisatoren an diesem Abend Neuland. Viele Besucher vermissen den Wasserfall

"Da werden sich die Verliebten abknutschen", hatte Hermann Lewen im Vorfeld versprochen. In der Dunkelheit ist schwer auszumachen, ob sich diese Voraussage bewahrheitet. "Wenn wir knutschen, sehen wir das Feuerwerk ja nicht", bemerkt ein Pärchen treffend. Nun ja: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Nicht wenige Besucher vermissen allerdings den obligatorischen Wasserfall, der die Burg Landshut zum Abschluss in rotes Licht taucht. Auch Sylvia Westermann (Mosel-Gäste-Zentrum) tut dies, hat aber auch keine Erklärung, warum er fehlt. Neue Wege gehen die Weinfestmacher auch beim Empfang der Mosella. Er findet erstmals nach Anbruch der Dunkelheit auf dem Marktplatz statt. Die angekündigte bengalische Beleuchtung ist allerdings kaum wahrzunehmen, weil sie nicht direkt am Ort des Geschehens platziert ist. Die Rauchschwaden, die aufsteigen, reizen aber trotzdem die Atemwege. Auf die bengalische Beleuchtung kann in Zukunft getrost verzichtet werden. Als der beleuchtete Mosella-Wagen, begleitet von Rittern, Fackelträgern und Musikern, auf dem Marktplatz vorfährt, ist für genügend Atmosphäre gesorgt. Catherina I. verabschiedet sich nach zweijähriger Amtszeit und krönt anschließend auf dem Festwagen ihre Nachfolgerin, Janna I. Der Wettergott spielt beim Festzug mit

Menschenmassen dann auch am Sonntagmittag beim großen Winzer-Festzug mit rund 100 Zugnummern. In den vergangenen waren es meist um die 80 000 Zuschauer. In diesem Jahr dürften es, nach ersten Schätzungen der Polizei, noch ein paar mehr gewesen sein. Und der Wettergott spielt auch wieder mit. Es sieht zwar trübe aus am Himmel, aber es bleibt trocken. "Keine besonderen Vorkommnisse", vermeldet die Polizei am Sonntag gegen 17 Uhr. Das Treiben auf der Weinstraße endet am frühen Dienstagmorgen. Am Dienstagnachmittag ist dann noch der Familientag auf dem Rummelplatz am Kueser Moselufer.

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