Dienstags wird weiterhin gebastelt

WITTLICH. Über viele Jahre war Waltraud Junk die gute Seele der Begegnungsstätte in der Trierer Straße. Nun wurde sie verabschiedet. Und hat damit mehr Zeit für Wanderungen am heimatlichen Calmont.

Hallo Redakteure,der zweite Teil der Geschichte, hier "Hintergrund" genannt, war Bedingung für die Veröffentlichung. Ich hab Frau Junk zugesichert, dass wir wirklich alle ihre Helferinnen namentlich nennen. Ich hoffe, ich kann mich auf euch verlassen.Danke, Petra Geisbüsch Es war zu der Zeit, als die Senioren noch "die Alten" sein durften: Vor ziemlich genau 30 Jahren organisierten rüstige Wittlicher Frauen eine Altenbegegnungsstätte im ehemaligen Bürgermeisterhaus in der Trierer Straße. Die schmucke Residenz stellte die Stadt zur Verfügung. Alles Weitere erledigten die Damen, allen voran Kläre Becker und Katrin Kremer, in tatkräftiger Eigenregie. Noch immer kündet am Tor das schmiedeeiserne Schild "Altenbegegnungsstätte" von der Funktion der inzwischen stillgelegten Villa. Am 31. August schloss Waltraud Junk zum letzten Mal die Türen ab. Lange Zeit wohnte sie selbst mit Mann und Tochter in diesem Haus. "So bin ich irgendwann hineingerutscht in diese Aufgabe", erinnert sie sich. Wenn etwas geliefert wurde und niemand in der Begegnungsstätte war, klingelte man einfach eine Etage drüber: Waltraud Junk packte überall dort an, wo Not am Mann war, und übernahm so scheibchenweise immer mehr Aufgaben. Sehr zu Nutze kam ihr das angeborene handwerkliche Geschick. Zu jeder Jahreszeit die passende Feier

Als die Stadt Kläre Becker 1993 offiziell verabschiedete, musste über die Nachfolge nicht lange nachgedacht werden. Inzwischen war die Tochter größer, Waltraud Junk zeitlich wieder flexibler, und so kümmerte sie sich mit voller Kraft um diese Aufgabe. An vier Nachmittagen in der Woche erwartete die alten Leute, vornehmlich Frauen, ein abwechslungsreiches Programm: Waffelbacken, Basteln, Gymnastik, ein Singkreis. Immer gab es Kaffee und Kuchen, und nie bestand ein Zwang, irgendwo mitzumachen. "Manche spielten lieber Rommee und Canasta oder hielten ein lockeres Schwätzchen." Dienstags kamen die Männer zum zünftigen Skat. Voll war die Hütte traditionell am Aschermittwoch zum Heringsessen. Da kamen sie aus allen Himmelsrichtungen in die Begegnungsstätte und genossen ihre Kartoffeln zum Fisch mal mit, mal ohne Speck. Hinterher ein Schnäpschen, und der Karneval war ordnungsgemäß beerdigt. Zu Weihnachten und im Herbst feierte man gemeinsame Feste, im Sommer lockte eine Fahrt in die nähere Umgebung, "Diese Aufgabe hat mir menschlich sehr viel gebracht", sagt Junk: Freundschaftliche, warme Begegnungen sowohl im Team als auch mit den Besuchern; wer Kummer hatte, konnte sich immer ausheulen, und die Freude wurde ohnehin geteilt. In Zukunft werden sich die Senioren im Haus der Vereine treffen. Dort möchte auch Waltraud Junk wieder mit anpacken: Dienstags, das hat sie ihren Leuten versprechen müssen, bietet sie weiterhin einen Bastelnachmittag an. Ansonsten wird man sie wieder mehr in ihrem Geburtsort Ediger-Eller antreffen. Im Calmont, dem steilsten Weinberg Europas, zeigt sie als Weinerlebnisbegleiterin den Touristen die Schönheiten der Mosel. Kurt Beck fuhr bereits in "ihrer" Monorack-Bahn den Berg hinunter - und teilte die Freude, die sie auch bei dieser Aufgabe wieder empfindet.

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