Eine Sache von Sekunden

WITTLICH. Sie warteten fast eine Stunde in der Kälte, zwei Wimpernschläge später raste das Ereignis mit 60 Sachen an ihnen vorbei: Gut 100 Zuschauer feuerten die Radprofis bei der Sprintwertung auf der Rheinland-Pfalzrundfahrt vor dem Amtsgericht in Wittlich an.

11 Uhr: In Bitburg fällt der Startschuss zur vierten Etappe. An die 200 Radsportler - darunter Team Gerolsteiner und T-Mobile - nehmen die 195 Kilometer von Bitburg über Binsfeld, Hupperath, Wittlich, Bengel und Alf nach Koblenz in Angriff, wo sie knapp fünf Stunden später schon erwartet werden. Auf der Kurfürstenstraße beim Wittlicher Amtsgericht, der ersten Springwertungs-Station des Tages, rollt der Verkehr noch wie gewohnt ein und aus. Hier und da Plakate mit dem Hinweis "Sprintwertung”. 11.10 Uhr: "Noch 20 Minuten, dann sperren wir ab”, sagt einer der Männer von der Freiwilligen Feuerwehr Wittlich. Die ersten Tour-Touristen erobern die Strecke. "Ich fahre Rad, seit mir der Arzt vom Laufen abgeraten hat", sagt der Wittlicher Dieter Rau. Seine Mannschaft: "Gerolsteiner. Die sind aus unserer Region." Mit dem Mountainbike im Auto nach Wittlich

Anne Schäfer aus Plein ist mit Freundin Anna Maus aus Großlittgen extra wegen der Sprintwertung angereist. Die jungen Frauen radeln auch selbst. "So 30 Kilometer in zwei Stunden - wenn wir ein Päuschen machen." Auch sie fiebern mit Team Gerolsteiner. Ein Amerikaner mit Mountainbike will in 15 Minuten von Spangdahlem aus angereist sein - mit dem Auto, wie sich rausstellt. 11.24 Uhr: Der Sprintwertungs-Wagen fährt vor. Rüdiger Dettlaff, Ehrenamtlicher beim Tour-Team, verteilt Rundfahrt-Magazine und gelbe Schirmmützen. Es ist Dettlaffs 36ste Rheinland-Pfalz-Rundfahrt. Früher ist er Motorradrennen gefahren. Daher seine Leidenschaft zum schnellen Sport. Die Ergebnisse des Sprints, bei dem Hundertstelsekunden entscheiden können, werden per Sensor an den Rennrädern der Sportler ermittelt. 11.35 Uhr: Drei VIP-Fahrzeuge stoppen vor der Kreisverwaltung. Heute keine Prominenz an Bord, Tour-Personal. "Hauptsache man sieht so was mal", sagen Tobias Schiefer (14) und Michael Zirbes (11). Die beiden Jungs aus Hasborn sind fasziniert von den hohen Geschwindigkeiten beim Sprint. Marlene Ritz stoppt auf dem Weg zum Einkaufen: "Was ist denn hier los", dachte die Wittlicherin, sah sich um und entschied: "Ich kann ja auch später noch kaufen. Als Rentnerin hab ich ja Zeit. Geht ja ohnehin schnell, der Sprint", sagt die Wittlicherin. 11.45 Uhr: Polizeimotorräder rollen durch die Kurfürstenstraße. "Willkommen in Wittlich”, tönt es aus dem Sprecherwagen. Ein Spitzenteam von vier Fahrern wird angekündigt. Die Feuerwehr sperrt endgültig die Straße. 11.50 Uhr: Das Publikum klatscht sich warm. Polizeiwagen werden mit lautem Applaus begrüßt. Ab jetzt rollt nur noch über die Straße, wer zur Tour gehört. Dann: Gustav Cesar Valoso von der spanischen Mannschaft Kaiku rast als erster über die Ziellinie, Reifen an Reifen mit Rene Schild (Regiostrom Senges) und seinem spanischen Landsmann Jose Gel Lopez. Sekunden später verschwindet das Hauptfeld ebenfalls Richtung Koblenz. 12.02 Uhr: Noch einige Wagen des Tour-Trosses, der Kolonnenschluss-Wagen, das war's. Kira-Aileene aus Mühlheim läuft an der Hand ihres Vaters Christoph Wiesemer Richtung Parkplatz. Stolz wedelt das Mädchen mit der gelben Schirmmütze: "Das ist doch das Tolle, wenn alles so schnell vorbei ist."

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