Fast alles kann man noch im Dorf erledigen

KINDERBEUERN. Nomen est omen: Kinderbeuern bietet seinen Einwohnern, vor allem aber den Kindern, viele Vorteile und schneidet bei unserem Gemeindecheck daher sehr gut ab.

 Kinderbeuern - ein Dorf für Kinder: Der Ort macht seinem Namen alle Ehre.Foto: Petra Geisbüsch

Kinderbeuern - ein Dorf für Kinder: Der Ort macht seinem Namen alle Ehre.Foto: Petra Geisbüsch

Der Bürgermeister ist kein gebürtiger Kinderbeuerner. Friedrich Mittendorfer zog 1975 ins Forsthaus Kondel am Engelsberg um, das damals noch der Gemeinde Bengel zugeschlagen war. Seit 1996 gehört Mittendorfers Standort zu Kinderbeuern. "Genauso lange bin ich auch Bürgermeister." Er sei schnell ins Hetzhofer Leben integriert gewesen, berichtet er, und hat auch eine Erklärung dafür: Er habe deutlich signalisiert, dass er etwas mit den Einheimischen zu tun haben wollte. Entscheidend dafür sei unter anderem der Eintritt in einige der zehn Kinderbeuerner Vereine gewesen. Diesen Tipp gibt er auch allen anderen Neubürgern. "Hier ist die Mentalität so, dass die Neuen auf die Alten zugehen müssen. Dann ist Integration kein Problem." Wer bauen möchte: Im Neubaugebiet "Im Macherpesch" sind noch etliche Grundstücke zu haben - kostengünstig verspricht Mittendorfer.Zweiter Spielplatz für den Ort

Vorgesehen ist dort auch der Bau eines zweiten Spielplatzes. Positiv am Ort an der Alf ist die funktionierende Infrastruktur mit allerhand Geschäften und Dienstleistungsunternehmen. Neben frischem Brot und Fleisch bekommt man auch sämtliche Lebensmittel für den täglichen Bedarf. Friseure, Gasthäuser, eine Autowerkstatt und ein Getränkehandel bieten ihre Dienste an, nicht zu vergessen ein Blumenladen, das große Kaufhaus und die Bank, die hier noch einen echten Schalterservice aufrecht erhält. Alles Übrige kann im nur 15 Minuten entfernten Wittlich erledigt werden. Fünf Vollerwerbs-Landwirte und ein Schäfer bezeugen die Ursprünglichkeit, die sich Kinderbeuern trotz aller Geschäftigkeit erhalten hat. In früheren Zeiten wurde das dörfliche Leben vom Gewerbe der Kesselflicker dominiert. Heute nehmen die Pflasterbetriebe deren Stellung ein, die in den Jahren groß wurden, als die Mosel ihre Uferbefestigungen erhielt. Eines dieser Unternehmen bietet Arbeit für 50 Menschen. Krabbelgruppe, Kinderturnen, Walking, Rock'n'Roll, Seniorensport oder Aerobic: Mehr als nur Fußball- übrigens auch mit einer Altherrenmannschaft - bietet der Sportverein, zu dem sich vor Jahren schon die Hetzhofer gesellten. Die Turnergruppe beweist Flexibilität und trifft sich im Sommer zur gemeinsamen Fahrradtour oder zum Schwimmen. Der Familienbeitrag beträgt 40 Euro im Jahr, eine übersichtliche Summe, die den Zutritt zu sämtlichen Angeboten gewährt. An Karneval blüht der ohnehin lebendige Ort richtig auf. Neben dem Rosenmontags-Umzug rufen die Aktiven zu Sitzungen in der Sporthalle, zu Masken- und Möhnenbällen. Viel gebucht wird der Musikverein, der vor wenigen Wochen durch sein erstes Open-Air-Konzert am Dorfplatz von sich reden machte. Hier ist die Jugend stark vertreten, was das frische Repertoire des Musikvereins deutlich belegt. Das Singen im Verein scheint jedoch aus der Mode zu sein. Die in Hetzhof organisierten Männer haben ebenso Nachwuchsprobleme wie die in Kinderbeuern organisierten Frauen. Die Seniorengruppe um Anita Vogt trifft sich einmal monatlich im Bürgerhaus, von denen je eines in Kinderbeuern und in Hetzhof steht. Die Räumlichkeiten werden gerne für Familienfeiern genutzt. Jugendlichen, denen der Sinn für althergebrachte Vereinsstrukturen oft fehlt, ist Kinderbeuern hauptsächlich durch die Angebote des Jugendraumes Alftal ein Begriff. "Der hat sich gut bewährt", urteilt Mittendorfer. Pastoralreferent Armin Surkus-Anzensdorfer hat in der Aufbauphase des Raumes ganze Arbeit geleistet und schafft es bis heute, auch schwierigere junge Menschen zu einer konstruktiven Mitarbeit zu bewegen. Damit in seiner Gemeinde "nichts anbrennt", hält der Bürgermeister zweimal wöchentlich Bürgersprechstunden ab: dienstags im Bürgerhaus Kinderbeuern, donnerstags bei sich zu Hause in Hetzhof. Ganz begeistert von ihrer neuen Heimat ist Christine Berberich, eine Dame, die nach 28 Umzügen selbst New York kennt. Neben all der Annehmlichkeiten des ländlichen Lebens betont sie die große Hilfsbereitschaft unter den Menschen. "Beim letzten Hochwasser haben Bauern den Menschen am Bach Misthaufen vor die Tür gesetzt." Kein schlechter Scherz, sondern effektive Nachbarschaftshilfe: Das Wasser des Alfbachs blieb draußen.

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